Notwendiger Paradigmenwechsel in der Spitalführung

Notwendiger Paradigmenwechsel in der Spitalführung

Die klassische Expertenorganisation ist nicht mehr in der Lage, mit Herausforderungen in einem dynamischen Umfeld umzugehen. Erprobte Führungsgrundsätze aus anderen Branchen können wertvolle Hinweise zur Sicherung der Zukunft eines Spitals geben.

Von Prof. Dr. med. Hans Zollinger, Dr. pharm. Hans Rudolf Keller, Daniela Zimmermann (Competence 09/2018)

Das Umfeld der Spitäler ist dynamisch geworden: Der Kostendruck treibt die Verbreitung von integrierten Versorgungsmodellen, das regulatorische Umfeld setzt Anreize zur Spezialisierung und der Fortschritt der Medizinaltechnik sowie die Digitalisierung erzeugen konstanten Innovationsdruck. Darüber hinaus führt die Entwicklung der Alterspyramide zu einer Steigerung der Nachfrage, welche aber von stetig steigendem Preisdruck und politisch geprägten Angebotsverzerrungen begleitet wird. Dies hat Konsequenzen für die strategische und operative Führung von Spitälern sowie von anderen medizinischen Einrichtungen.

 Kein Stein bleibt auf dem anderen

Integrierte Versorgungsmodelle sollen Skaleneffekte bringen und stützen den Trend zu kollektiven Modellen wie Gemeinschaftspraxen und Ambulatorien. Die Attraktivität gewisser Marktsegmente führt aber auch zum Eintritt von Drittanbietern mit Fokus auf rentable Segmente. Das zwingt Spitäler, ihre Positionierung in der Wertschöpfungskette zu überdenken.

Das Tarifsystem SwissDRG hat die Fallpauschalen verallgemeinert und Investitionen können nicht mehr separat finanziert werden. Die Verantwortung für das Betriebsergebnis wird immer häufiger an die Spitäler delegiert und Anreize zur Spezialisierung wie Leistungsverträge mit Mindestfallzahlen zwingen die Institute zur Differenzierung durch ein geeignetes Leistungsportfolio. Dies ist umso dringlicher, als dass die EBITDA-Margen der Spitäler seit 2012 tendenziell rückläufig sind. Die geplanten Infrastrukturvorhaben in Milliardenhöhe können daher nur durch Einsparungen, neue Einnahmequellen und zusätzliche Mittel der Kantone finanziert werden. Schliessungen und Zusammenschlüsse scheinen unausweichlich.

Auch die Rolle des Patienten hat sich verändert. Das erhöhte Gesundheitsbewusstsein steigert die Behandlungsansprüche der Patienten, welche dank Internet und Zweitmeinungen auch besser informiert sind. Paradoxerweise ist der medizinisch technologische Fortschritt ein wichtiger Kostentreiber, da Effizienzgewinne durch Mehrkonsum an hochentwickelter Medizin überkompensiert werden. Zudem nehmen die Zahl älterer Menschen und damit der Anteil chronischer Erkrankungen zu. Das verstärkt die Nachfrage nach medizinischer Versorgung und somit nach besserer Infrastruktur und höherer Leistung der Spitaler – bei stetig steigendem Kostendruck.

Die allgegenwärtige Digitalisierung hat auch im Gesundheitswesen Einzug gehalten. Sie vereinfacht die traditionellen Versorgungsmodelle und bietet grosses Potenzial für Prozessoptimierungen, kann aber Spitäler auch vor bedeutende Herausforderungen stellen, da Agilität und traditionelles Spitalmanagement mehrheitlich inkompatibel sind.

Spitäler sehen sich daher sowohl mit guten wie auch schlechten Nachrichten konfrontiert. Das bietet Potenzial für innovative, vorwärtsdenkende Organisationen, kann aber auch existenzbedrohend sein, wenn der Anschluss an den Markt verloren geht.

 Holistischer Ansatz ist gefragt

In diesem Kontext müssen sich die Verantwortlichen in den Spitälern mit diversen relevanten Themen befassen. Zuerst stehen die Positionierung und allenfalls Anpassung des Geschäftsmodells, welches sich an externen wie auch internen Faktoren orientiert. Zur Sicherstellung einer hohen operativen Effizienz sind abteilungsübergreifende Prozessintegration sowie ein Zyklus der kontinuierlichen Optimierung unabdingbar. Parallel dazu muss die Weiterentwicklung der Organisation in Richtung Ablauforientierung erfolgen, was die Einführung von Matrix-Strukturen und von intelligentem Schnittstellenmanagement bedingt. Dieses ist beileibe nicht auf interne Stakeholder beschränkt: ein Spital muss sein Ökosystem kennen und sich optimal in dieses integrieren. Damit diese Transformation auf strategischer, prozessualer und organisatorischer Ebene umgesetzt werden kann, muss eine Führungskultur mit Fokus auf Durchgängigkeit, Wirksamkeit und Mitarbeiterengagement geschaffen werden.

 Paradigmawechsel für die Spitalführung

Das vorherrschende Führungsparadigma im traditionellen Spital ist die Expertenorganisation, welche ihre Ursprünge in der akademischen Tradition hat. Die Fachorientierung mit erheblicher individueller Autonomie hat zwar für eine hohe medizinische Qualität gesorgt, aber die Koordination in abteilungsübergreifenden Abläufen erschwert. Die konsistente Ausrichtung von Prozessen, Organisation und Mitarbeiterführung an einer übergeordneten Strategie wird immer schwieriger. In den Spitälern ist daher ein Umdenken notwendig weg von einer expertenorientierten hin zu einer strategischen Führung, bei welcher Strategie, Prozesse und Struktur durchgängig zusammenwirken. So können hohe medizinische Ansprüche marktwirtschaftlich umgesetzt werden.

Das Spannungsfeld zwischen medizinischen und ökonomischen Interessen lässt sich nicht von der Hand weisen. Daher muss der Veränderungsprozess die gegensätzlichen Perspektiven zu einem gemeinsamen Verständnis für die zukünftige Ausrichtung führen. Eine holistische Sichtweise, die Identifikation und kluge Integration der Interessen aller Stakeholder und eine proaktive Kommunikation bilden den Schlüssel für den Erfolg. Für die Umsetzung dieses Veränderungsprozesses empfiehlt sich ein phasenweises Vorgehen:

  • Am Anfang steht die Strategiedefinition. Auf der Basis einer Umfeldanalyse sowie der internen Stärken und Schwächen wird eine Soll-Positionierung gegenüber Mitbewerbern und Kunden definiert; zudem werden eine Vision sowie quantitative und qualitative Ziele erarbeitet.
  • In einem nächsten Schritt steht die Ablauforganisation im Zentrum. Das Optimierungspotenzial der Ist-Prozesse wird freigelegt, damit die abteilungsübergreifenden Soll-Prozesse und die Support-Prozesse an Effizienz und Effektivität gewinnen.
  • Aus der Ablauforganisation wird in der Folge die Aufbauorganisation abgeleitet. Im Zentrum stehen dabei die Zuteilung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Daraus ergibt sich die Überführungsplanung zur Besetzung der Funktionen. Dieser Prozess wird mit begleitenden Kommunikations- und Schulungsmassnahmen unterstützt.
  • In der Umsetzungsphase werden Massnahmenpakete zu Initiativen gebündelt und Umsetzungsverantwortliche definiert. Die Umsetzung der einzelnen Initiativen wird durch ein übergeordnetes Transformations-Management gesteuert.

Zukunft des Spitals nachhaltig sichern

Dieser Top-Down-Ansatz erlaubt es, mit den eingangs genannten Herausforderungen strukturiert, durchgängig und situationsgerecht umzugehen und die Positionierung und Zukunft eines Spitals nachhaltig zu sichern. Gleichzeitig wird auch ein Beitrag zur langfristigen Gewährleistung der hohen medizinischen und ökonomischen Qualität des Schweizer Gesundheitswesens geleistet.

L‘organisation en silos ne suffit plus

L’organisation classique des hôpitaux traditionnels n’est plus en mesure de relever les défis d’un environnement dynamique. Le travail en silos spécialisés avec une autonomie individuelle considérable a certes assuré une haute qualité médicale, mais elle a compliqué la coordination dans les processus interdépartementaux. L’alignement cohérent des processus, de l’organisation et de la gestion du personnel sur une stratégie globale devient de plus en plus difficile. Dans les hôpitaux, il est donc nécessaire de repenser la gestion pour que la stratégie, les processus et la structure soient coordonnés en permanence. De cette façon, des normes médicales élevées peuvent être mises en œuvre dans une économie de marché. Cette approche ≪top-down≫ permet de relever les défis actuels de manière structurée, cohérente et adaptée à la situation et d’assurer l’avenir d’un hôpital à long terme.

Patrick Heimann

Geschäftsführer bei IGH AG Unternehmensberatung | Unternehmensführung, Executive Search

7 Jahre

Paradigmenwechsel, Brücken bauen für eine besseresVerständnis zwischen medizinischer und administrativer Führung in Spitäler

Hanspeter Huber

Music Professional at Artists from Earth

7 Jahre

NB: auch die AHV wäre mit einem Schlag gesichert!

Hanspeter Huber

Music Professional at Artists from Earth

7 Jahre

Miliz-Armee durch Profitruppe (aus der Bevölkerung rekrutiert) ersetzen, welche dann Grossevents (WEF, etc.) und Flughäfen sichert. Boom und wir haben genügend Mittel, um die explodierenden Kosten im kranken Gesundheitswesen zu sichern und darüberhinaus die Schulen auf höchstem Niveau zu betreiben, sowie Kultur für alle verfügbar zu machen und Künstler entsprechend zu unterstützen!!!

Auf den Punkt gebracht, besten Dank für den treffenden Artikel!

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