Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32005H0601

Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2005 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (2005—2008)

ABl. L 205 vom 6.8.2005, pp. 28–37 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
ABl. L 168M vom 21.6.2006, pp. 8–17 (MT)

ELI: http://data.europa.eu/eli/reco/2005/601/oj

6.8.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 205/28


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 12. Juli 2005

zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (2005—2008)

(2005/601/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 99 Absatz 2,

auf Empfehlung der Kommission,

in Anbetracht der Beratungsergebnisse des Europäischen Rates vom 16./17. Juni 2005,

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament eine Entschließung zur Empfehlung der Kommission angenommen hat —

EMPFIEHLT:

EINLEITUNG

Der Europäische Rat hat im März 2005 die Lissabon-Strategie neu ausgerichtet und dabei den Schwerpunkt auf Wachstum und Beschäftigung in Europa gelegt  (1). Damit haben die Staats- und Regierungschefs eindeutig festgelegt, wo die Prioritäten der Union in den nächsten Jahren liegen werden. Europa muss seine Maßnahmen jetzt stärker auf Wachstum und Beschäftigung ausrichten, um vor dem Hintergrund einer soliden makroökonomischen Politik und in einem Rahmen, der auf den sozialen Zusammenhalt und die ökologische Nachhaltigkeit — die tragenden Säulen der Lissabonner Strategie — abzielt, die Lissabonner Ziele zu erreichen.

Besondere Aufmerksamkeit ist der konkreten Umsetzung der Lissabon-Agenda zu widmen. Um sie erfolgreich zu gestalten und Synergien besser zu nutzen, muss die Union verstärkt alle zur Verfügung stehenden nationalen und gemeinschaftlichen Mittel mobilisieren. Dabei kann die Einbeziehung relevanter Interessengruppen das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Strukturreformen stärken, die Qualität der Umsetzung verbessern und die Akzeptanz der Lissabon-Strategie steigern.

Hierzu spiegeln diese Grundzüge der Wirtschaftspolitik die Neubelebung der Lissabon-Strategie wider und konzentrieren sich auf den Beitrag der Wirtschaftspolitik zu mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätzen. Abschnitt A der Grundzüge beschäftigt sich mit dem Beitrag, den die makroökonomische Politik zu Wachstum und Beschäftigung leisten kann. Abschnitt B konzentriert sich auf die Maßnahmen und Strategien, die von den Mitgliedstaaten durchzuführen sind, um Wissen und Innovation als Voraussetzung für mehr Wachstum zu fördern und die Attraktivität Europas für Investoren und Arbeitskräfte zu steigern. Im Sinne der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Brüssel (22./23. März 2005) sollten die Grundzüge der Wirtschaftspolitik als allgemeines wirtschaftspolitisches Koordinierungsinstrument weiterhin das gesamte Spektrum der makroökonomischen und mikroökonomischen sowie auch der beschäftigungspolitischen Maßnahmen — soweit die Beschäftigungspolitik mit den anderen genannten Bereichen in Wechselwirkung steht — abdecken; sie sorgen für die wirtschaftliche Gesamtkohärenz der drei Dimensionen der Strategie. Für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik gelten weiterhin die bestehenden multilateralen Überwachungsverfahren.

Diese Leitlinien gelten für alle Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft. Sie sollen zur Kohärenz der Reformmaßnahmen beitragen, die Teil der von den Mitgliedstaaten aufgestellten nationalen Reformprogramme sind, und sie werden ergänzt durch das Lissabon-Programm 2005—2008 der Gemeinschaft, das alle auf Gemeinschaftsebene durchzuführenden Aktionen für Wachstum und Beschäftigung abdeckt. Bei der Durchführung aller relevanten Aspekte dieser Leitlinien ist das Gender-Mainstreaming zu berücksichtigen.

LAGE DER WIRTSCHAFT IN DER EU

Die Wirtschaftstätigkeit in der EU, die seit Mitte 2003 Schwung gewonnen hatte, entwickelte sich im zweiten Halbjahr 2004 aufgrund externer Faktoren wie hohen und stark schwankenden Ölpreisen, der langsameren Ausweitung des Welthandels und der Aufwertung des Euro wieder rückläufig. Teilweise könnte das mangelnde Erholungsvermögen einiger europäischer Volkswirtschaften auch auf anhaltende Strukturschwächen zurückzuführen sein. Das reale BIP-Wachstum wird 2005 voraussichtlich weiterhin mäßig ansteigen, doch werden sich die geringer als erwartet ausgefallenen Überträge von 2004 unvermeidlich auf den Gesamtjahresdurchschnitt auswirken. Der Beitrag der Binnennachfrage zum Aufschwung bietet in den Mitgliedstaaten bislang ein uneinheitliches Bild, doch wird im Laufe des Jahres eine allmähliche Zunahme erwartet, die sich auf günstige Finanzierungsbedingungen (einschließlich niedriger realer Zinsraten) und eine Eindämmung des Inflationsdrucks stützen kann.

Der Wirtschaftsaufschwung wird zu einem großen Teil von der Wiederbelebung des globalen Wachstums und der raschen Zunahme des Welthandels getragen. In dem Maße, wie der Weltwachstumszyklus seinen Hochpunkt erreicht und die dämpfende Wirkung der höheren Weltölpreise auffängt, wird die EU-Binnennachfrage zunehmend dazu beitragen müssen, den Aufschwung anzuschieben. Die Strukturpolitik und die makroökonomische Politik müssen vor dem Hintergrund eines Anstiegs der Rohstoffpreise, insbesondere des Ölpreises, und sinkender Preise für Industriegüter konzipiert werden. Daher werden mögliche Wachstumsraten in der EU in hohem Maße von der wachsenden Zuversicht der Unternehmen und Verbraucher sowie von günstigen globalen Wirtschaftsentwicklungen, auch bei den Ölpreisen und den Wechselkursen, abhängen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass die Wirtschaftspolitik Vertrauen einflößt und so dazu beiträgt, die Voraussetzungen sowohl für eine kräftigere Binnennachfrage und eine vermehrte Schaffung von Arbeitsplätzen in kurzer Frist wie auch für eine mittelfristige Erweiterung des Wachstumspotenzials zu schaffen.

Bei den Arbeitslosenquoten wird mit einem — wenn auch langsamen — Rückgang auf 8,7 % in 2006 gerechnet. Die Gesamtbeschäftigungsquote für die EU-25 lag in 2003 mit geschätzten 63,0 % deutlich unter der Zielvorgabe von 70 %. Die Fortschritte in der Realisierung des Quotenziels für die Frauenbeschäftigung von 60 % sind eher schleppend. Die gegenwärtige Quote beträgt für die EU-25 55,1 %, wird jedoch in nächster Zeit voraussichtlich stärker steigen. Die Beschäftigungsquote der älteren Arbeitskräfte hat zwar weiter zugenommen und beträgt etwas mehr als 40,2 %, ist von allen Quoten jedoch am weitesten von der Zielvorgabe von 50 % für 2010 entfernt. Die Fortschritte in der Verbesserung der Arbeitsplatzqualität sind uneinheitlich und der Konjunkturabschwung hat die Problematik der sozialen Eingliederung verschärft. Die Langzeitarbeitslosigkeit, die mehrere Jahre lang rückläufig war, hat wieder zugenommen und wird in naher Zukunft wohl kaum zurückgehen.

Die nur langsame Erholung der EU-Konjunktur bereitet weiterhin Sorge. In mancher Hinsicht ist die EU heute weiter als im März 2000 von ihrem Ziel entfernt, der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Europa konnte seinen Rückstand im Wachstumspotenzial gegenüber seinen Wirtschaftspartnern nur unwesentlich verringern.

Die augenfälligste Ursache der anhaltend schwachen Wirtschaftsleistung der Union ist der weiterhin relativ niedrige Arbeitseinsatz. Dank der Bemühungen der Mitgliedstaaten gelang es, die Beschäftigungsquote von 61,9 % im Jahr 1999 auf 63,0 % im Jahr 2003 anzuheben. Insbesondere in der Gruppe der jüngeren und der älteren Arbeitskräfte muss sich die Beschäftigungssituation jedoch deutlich verbessern, wenn die Lissabonner Ziele realisiert werden sollen.

Als zweite Ursache für die schwache Wirtschaftsleistung der EU ist das niedrige Produktivitätswachstum zu nennen. Seit mehreren Jahrzehnten nimmt dieses Wachstum kontinuierlich ab.

ABSCHNITT A

MAKROÖKONOMISCHE POLITIK FÜR WACHSTUM UND BESCHÄFTIGUNG (2)

A.1.   Auswirkung der makroökonomischen Politik auf Wachstum und Beschäftigung

Sicherung wirtschaftlicher Stabilität, um das Beschäftigungsniveau anzuheben und das Wachstumspotenzial zu steigern

Eine solide makroökonomische Politik ist eine wesentliche Voraussetzung für eine ausgewogene Wirtschaftsexpansion und die volle Ausschöpfung des gegenwärtigen Wachstumspotenzials. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Rahmenbedingungen, die ein angemessenes Spar- und Investitionsniveau und eine stärker wissens- und innovationsorientierte Ausrichtung der Investitionen fördern und auf diese Weise ermöglichen, dass die Wirtschaft einen steileren Wachstums- und Beschäftigungspfad einschlägt, der gekennzeichnet ist durch Nachhaltigkeit, starke Zuwächse und Inflationsfreiheit. Dies wäre dienlich, um günstige langfristige Zinssätze aufrecht zu erhalten und zu einer angemessenen Wechselkursentwicklung beizutragen. In ihrer Zukunftsplanung müssen Unternehmen und Einzelpersonen darauf vertrauen können, dass die Preisstabilität anhält.

Die Geldpolitik kann einen Beitrag leisten, indem sie die Preisstabilität unterstützt und dessen unbeschadet andere wirtschaftspolitische Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung untermauert. Für die neuen Mitgliedstaaten wird es wichtig sein, dass die Geldpolitik auf eine nachhaltige reale und nominale Konvergenz abzielt. Das Wechselkursregime ist ein wichtiger Bestandteil des wirtschafts- und währungspolitischen Gesamtrahmens und sollte auf die Erreichung realer und dauerhafter nominaler Konvergenz ausgerichtet sein. Die Teilnahme am WKM II zu einem geeigneten Zeitpunkt nach dem Beitritt dürfte diese Bemühungen unterstützen. Eine weitere wichtige makroökonomische Aufgabe besteht für einige dieser Mitgliedstaaten darin, die relativ hohen Leistungsbilanzdefizite in einem Rahmen zu halten, der eine gesicherte Auslandsfinanzierung ermöglicht. In dieser Hinsicht ist eine restriktive Finanzpolitik zur Verringerung der Leistungsbilanzdefizite unerlässlich.

Eine solide Haushaltslage ist Voraussetzung dafür, dass die automatischen Haushaltsstabilisatoren im gesamten Verlauf uneingeschränkt und symmetrisch wirksam werden und damit bewirken, dass der Output sich auf einem höheren und nachhaltigen Wachstumstrendniveau stabilisiert. Für die Mitgliedstaaten, die bereits eine solide Haushaltslage erreicht haben, besteht die Herausforderung darin, diese Position zu konsolidieren. Für die übrigen Mitgliedstaaten ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen treffen, um ihre mittelfristigen haushaltspolitischen Ziele zu realisieren, besonders bei Verbesserung der Wirtschaftslage. Auf diese Weise vermeiden sie prozyklische Maßnahmen und schaffen für sich die Bedingungen, unter denen vor dem nächsten Konjunkturabschwung ausreichend Raum für die Entfaltung der vollen Wirkung der automatischen Stabilisatoren bleibt. Im Einklang mit dem Bericht des Rates (Wirtschaft und Finanzen) über die Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der vom Europäischen Rat am 22./23. März 2005 gebilligt wurde, sollte das mittelfristige Haushaltsziel für die einzelnen Mitgliedstaaten differenziert gestaltet sein, um den unterschiedlichen wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Positionen und Entwicklungen sowie dem unterschiedlichen finanzpolitischen Risiko für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auch angesichts des sich anbahnenden demografischen Wandels Rechnung zu tragen. Die für den Euro-Raum geltenden Stabilitäts- und Wachstumsanforderungen sollten auch für die Mitgliedstaaten des WKM II gelten.

Leitlinie 1. Sicherung wirtschaftlicher Stabilität im Hinblick auf nachhaltiges Wachstum — 1. Im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sollten die Mitgliedstaaten ihre mittelfristigen Haushaltsziele einhalten. Solange der Haushalt noch nicht konsolidiert ist, sollten sie alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen treffen. Dabei sollten sie eine prozyklische Finanzpolitik vermeiden. Mitgliedstaaten, in denen ein übermäßiges Defizit besteht, müssen wirksame Maßnahmen zu dessen Korrektur ergreifen. 2. Mitgliedstaaten mit nicht nachhaltigen Leistungsbilanzdefiziten sollten diese Situation durch Strukturreformen zur Steigerung der externen Wettbewerbsfähigkeit und gegebenenfalls durch finanzpolitische Maßnahmen korrigieren. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Dynamik und Funktionieren der WWU verbessern“ (Nr. 6).

Sicherung langfristiger wirtschaftlicher Tragfähigkeit vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung in Europa

Die Alterung der europäischen Bevölkerung bedroht ernsthaft die langfristige Tragfähigkeit der EU-Wirtschaft. Den jüngsten Projektionen zufolge wird die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15—64) bis 2050 gegenüber 2000 um 18 % zurückgehen; gleichzeitig wird die Anzahl der über 65-Jährigen um 60 % zunehmen. Dies bedeutet nicht nur höhere Abhängigkeitsquoten, sondern ohne unverzügliche Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen finanziellen Tragbarkeit auch die Aussicht auf eine höhere Schuldenlast durch Anstieg der alterungsbedingten öffentlichen Ausgaben, verbunden mit einem Rückgang des Produktionspotenzials aufgrund des Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, sowie künftige Probleme bei der Finanzierung der Renten-, Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Bevölkerungsalterung abzufedern, sollten die Mitgliedstaaten als Bestandteil der fest etablierten dreigleisigen Strategie zur Bewältigung der haushaltspolitischen Folgen der Bevölkerungsalterung das Tempo des Schuldenabbaus beschleunigen, Anreize zur Erhöhung der Beschäftigungsquoten schaffen und durch Vergrößerung des Arbeitskräfteangebots die Folgen des künftigen Rückgangs der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter ausgleichen. Trotz des jüngsten Anstiegs auf 63,0 % im Jahr 2003 lässt die vergleichsweise niedrige Beschäftigungsquote darauf schließen, dass in Europa ein erhebliches ungenutztes Arbeitspotenzial besteht. Hier sind also noch deutliche Verbesserungen möglich, vor allem bei Frauen, jungen und älteren Arbeitnehmern. Im Sinne dieser Strategie ist es auch wichtig, die sozialen Sicherungssysteme so zu modernisieren, dass sie finanziell nachhaltig sind und dass Anreize für die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter geschaffen werden, aktiv am Arbeitsmarkt teilzunehmen, wobei sicherzustellen ist, dass die Systeme den Anforderungen in Bezug auf Zugang und Angemessenheit genügen. Insbesondere kann eine bessere Wechselwirkung zwischen den sozialen Sicherungssystemen und den Arbeitsmärkten eine Vermeidung von Verzerrungen bewirken und eine Verlängerung des Arbeitslebens in Anbetracht der höheren Lebenserwartung fördern.

Leitlinie 2. Gewährleistung von wirtschaftlicher und finanzieller Nachhaltigkeit als Grundlage für mehr Arbeitsplätze — Angesichts der prognostizierten Kosten der Bevölkerungsalterung sollten die Mitgliedstaaten 1. durch ein ausreichendes Tempo des Staatsschuldenabbaus die öffentlichen Finanzen stärken; 2. die Renten-, Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme so reformieren und stärken, dass sie finanziell tragfähig und dabei sozial angemessen und zugänglich sind; und 3. Maßnahmen ergreifen, um die Beschäftigungsquoten und das Arbeitskräfteangebot insbesondere bei Frauen, jungen und älteren Arbeitnehmern zu erhöhen, und einen lebenszyklusorientierten Ansatz für das Arbeitsleben fördern, um die beruflich geleistete Arbeitszeit zu erhöhen. Siehe auch integrierte Leitlinie „Einen lebenszyklusorientierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern“ (Nr. 18 und 4, 19, 21).

Förderung einer effizienten, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichteten Ressourcenallokation

Das Steuer- und Ausgabensystem muss einen effizienten Ressourceneinsatz fördern, damit der öffentliche Sektor seinen vollen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung leistet, ohne das Ziel der wirtschaftlichen Stabilität und der Nachhaltigkeit zu gefährden. Dies lässt sich durch eine Umschichtung der Mittel zugunsten wachstumsfördernder Faktoren wie Forschung und Entwicklung (FuE), physische Infrastruktur, umweltfreundliche Technologien, Humankapital und Wissen bewirken. Die Mitgliedstaaten können auch einen Beitrag zur Kontrolle anderer Ausgabenposten durch Erlass von Ausgabenvorschriften, Performance Budgeting und durch Mechanismen leisten, die eine optimale Ausgestaltung von individuellen Reformmaßnahmen und Reformpaketen gewährleisten. Eine der Prioritäten für die EU-Wirtschaft besteht darin, sicherzustellen, dass die Steuerstrukturen und deren Wechselwirkungen mit den Leistungssystemen mehr Beschäftigung und höhere Investitionen bewirken und damit das Wachstumspotenzial fördern.

Leitlinie 3. Förderung einer effizienten, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichteten Ressourcenallokation — Unbeschadet der Leitlinien zur wirtschaftlichen Stabilität und Tragfähigkeit sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Lissabon-Strategie die öffentlichen Ausgaben zugunsten wachstumsfördernder Bereiche umschichten, durch eine Anpassung der Steuerstrukturen das Wachstumspotenzial stärken und durch geeignete Mechanismen gewährleisten, dass die öffentlichen Ausgaben mit den politischen Zielvorgaben in Einklang stehen und die Reformpakete in sich kohärent sind. Siehe auch integrierte Leitlinie „Eine nachhaltige Ressourcennutzung begünstigen und die Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum stärken“ (Nr. 11).

Gewährleistung eines Beitrags der Lohnentwicklung zu Wachstum und Stabilität sowie zur Ergänzung der Strukturreformen

Die Lohnentwicklung kann sich auf die makroökonomischen Bedingungen stabilisierend auswirken und zu einem beschäftigungsfreundlichen Policy-Mix beitragen, sofern die realen Lohnerhöhungen mit dem mittelfristigen Produktivitätswachstumstrend in Einklang stehen und eine Kapitalwertrate ergeben, die produktivitäts-, kapazitäts- und beschäftigungsfördernde Investitionen zulässt. Dabei muss garantiert sein, dass vorübergehend wirksame Faktoren, wie etwa Produktivitätsschwankungen im Zuge einer Konjunkturbelebung oder einmalige Anstiege der Gesamtinflation, nicht zu unnachhaltigen Lohnsteigerungen führen und dass die Lohnentwicklung die lokalen Arbeitsmarktbedingungen widerspiegelt.

In Anbetracht des anhaltenden Drucks auf die Öl- und Rohstoffpreise ist darüber zu wachen, wie sich Tarifabschlüsse und Arbeitskostenanstiege auf die Preisstabilität und die Preiswettbewerbsfähigkeit auswirken. Dass dieser zweite Effekt bislang noch nicht festzustellen war, ist zu begrüßen. Diese Probleme müssen im Rahmen eines kontinuierlichen Meinungs- und Informationsaustauschs zwischen den Geld- und Finanzbehörden und den Sozialpartnern über den makroökonomischen Dialog berücksichtigt werden.

Leitlinie 4. Gewährleistung eines Beitrags der Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum — Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner die richtigen Rahmenbedingungen für Tarifverhandlungssysteme schaffen und so anstreben, dass Erhöhungen der nominalen Löhne und der Arbeitskosten mit der Preisstabilität und der mittelfristigen Produktivitätsentwicklung in Einklang stehen, wobei den Unterschieden bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen Rechnung zu tragen ist. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Die Entwicklung der Arbeitskosten und die Tarifverhandlungssysteme beschäftigungsfreundlicher gestalten“ (Nr. 22).

Förderung größerer Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik, Strukturpolitik und Beschäftigungspolitik

Die Funktion einer soliden makroökonomischen Politik besteht darin, gute Voraussetzungen für mehr Beschäftigung und Wachstum zu schaffen. Strukturreformen im Verbund mit einer kurz- und mittelfristig soliden Haushaltslage sind unbedingt erforderlich, um Produktivität und Beschäftigung mittelfristig zu erhöhen und so das Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen und zu steigern. Sie erhöhen die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, die makroökonomische Stabilität und die Schockresistenz. Zugleich bedarf es einer geeigneten makroökonomischen Politik, damit die Strukturreformen ihre wachstums- und beschäftigungsfördernde Wirkung voll entfalten können. Die Mitgliedstaaten sollten ihre gesamtwirtschaftliche Strategie so gestalten, dass kohärente strukturpolitische Maßnahmen die makroökonomischen Rahmenbedingungen stützen und umgekehrt. Insbesondere gilt es, die Anpassungsfähigkeit der Volkswirtschaften über Marktreformen zu verbessern, damit sie wirkungsvoller auf Konjunkturschwankungen und auch auf längerfristige Trends wie Globalisierung und technologischen Wandel reagieren können. Diesbezüglich sollte die Reform der Steuer- und Sozialleistungssysteme weitergeführt werden, damit Arbeit sich lohnt und mögliche Hemmnisse für die Teilnahme am Arbeitsmarkt vermieden werden.

Leitlinie 5. Förderung größerer Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik, Strukturpolitik und Beschäftigungspolitik — Die Mitgliedstaaten sollten Reformen der Arbeits- und Warenmärkte durchführen, die zugleich das Wachstumspotenzial fördern und die makroökonomischen Rahmenbedingungen durch mehr Flexibilität, Mobilität und Anpassungsfähigkeit dieser Märkte stützen, um auf Globalisierung, technologischen Fortschritt, Nachfrageverschiebungen und Konjunkturschwankungen reagieren zu können. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere die Reform der Steuer- und Sozialleistungssysteme neu anstoßen, damit größere Anreize geboten werden und dafür gesorgt wird, dass Arbeit sich lohnt, die Anpassungsfähigkeit der Arbeitsmärkte erhöhen und dabei Flexibilität mit Sicherheit verbinden sowie die Beschäftigungsfähigkeit durch Investitionen in Humankapital verbessern. Siehe auch integrierte Leitlinie „Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern“ (Nr. 21 und 19).

A.2.   Verbesserung von Dynamik und Funktionieren des Eurogebiets

Mehr Wachstum und Beschäftigung sind insbesondere im Eurogebiet vonnöten, dessen Wirtschaftsleistung in jüngster Zeit schwach war und dessen potenzielles Wachstum nur rund 2 % erreichte (Kommissionsschätzungen). In ihrer jüngsten Frühjahrsprognose korrigierte die Kommission ihre Prognose für 2005 auf 1,6 % Wachstum im Eurogebiet nach unten. Das Wirtschaftsgefälle im Eurogebiet könnte in Bezug auf Wachstum, Binnennachfrage und Inflationsdruck größer werden. Die Abschwächung des Wirtschaftswachstums im Eurogebiet im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres kann sowohl externen Faktoren — hohe und stark schwankende Ölpreise, Verlangsamung des globalen Handelswachstums und Aufwertung des Euro — als auch interner Inflexibilität zugeschrieben werden. Bei den externen Faktoren stellen bedenkliche Ölpreisentwicklungen und die anhaltenden globalen Ungleichgewichte Risiken für weitere Negativentwicklungen dar, die nicht vernachlässigt werden dürfen.

Besonders schleppend hat sich im Eurogebiet die Binnennachfrage entwickelt: Der private Verbrauch und die privaten Investitionen fielen 2004 eindeutig geringer aus als in der EU-25 insgesamt. Beim privaten Verbrauch liegen die Gründe wohl hauptsächlich in der anhaltend pessimistischen Einschätzung der Aussichten bei Beschäftigung (die Arbeitslosigkeit verharrt bei etwa 9 %) und mittelfristiger Einkommensentwicklung. Das Vertrauensniveau und das Ausbleiben einer nachhaltigen Besserung beim Verbrauch haben sich auch weiterhin negativ auf die Investitionen ausgewirkt. Für das Eurogebiet stellt sich die Herausforderung, das gegenwärtige Wachstumspotenzial auszuschöpfen, und mehr noch, dieses Wachstumspotenzial künftig zu steigern. Am besten lässt sich dies durch eine wachstums- und stabilitätsorientierte makroökonomische Politik und umfassende Strukturreformen bewirken. Dies gilt ganz besonders für die Staaten des Eurogebiets und des WKM II, denn beide Faktoren determinieren die Fähigkeit, asymmetrisch wirkende wirtschaftliche Erschütterungen abzufedern, und damit die wirtschaftliche Widerstandskraft des Eurogebiets insgesamt. Weiterhin ist zu bedenken, dass sich die Wirtschaftsleistung und generell die Wirtschaftspolitik einzelner Mitgliedstaaten im Eurogebiet auf Kollektivwerte auswirkt, zum Beispiel den Wechselkurs des Euro, die Zinssätze, Preisstabilität und den Zusammenhalt des Eurogebiets. All dies verlangt in der EU und im Eurogebiet nach einer wirksamen Koordinierung der Politik, um das Wachstumspotenzial und die Leistungsfähigkeit zu steigern.

Der Verzicht auf nationale Zins- und Wechselkurspolitik verstärkt auch die Notwendigkeit, den Haushalt zu konsolidieren und auf lange Sicht zu stabilisieren, um auf diese Weise ausreichenden haushaltspolitischen Spielraum für das Abfedern von Konjunkturschwankungen und asymmetrisch wirkenden wirtschaftlichen Schocks zu gewinnen. Strukturpolitische Maßnahmen, die eine reibungslose Anpassung von Preisen und Löhnen fördern, sind Voraussetzung für die Fähigkeit der Mitgliedstaaten des Eurogebiets, Erschütterungen rasch aufzufangen (zum Beispiel den gegenwärtigen Ölpreisschock); außerdem helfen sie, ungerechtfertigte Inflationsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auszugleichen. Insbesondere gilt es hierbei, die Reaktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes durch Förderung der Arbeitsmarktbeteiligung, der beruflichen und geografischen Mobilität sowie eine Lohnpolitik und Reformen, die die Produktmarktflexibilität steigern zu verbessern.

Kurzfristig muss der Policy-Mix im Eurogebiet zur konjunkturellen Erholung beitragen, zugleich aber auch die langfristige Tragfähigkeit und Stabilität sichern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es wichtig, dass der Policy-Mix das Verbraucher- und Investorenvertrauen untermauert; dies bedeutet, dass an der mittelfristigen Stabilität festgehalten werden muss. Die Haushaltspolitik muss mittelfristig einerseits eine Haushaltslage sicherstellen, die mit der notwendigen Vorbereitung auf die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung vereinbar ist, und andererseits eine Struktur der öffentlichen Ausgaben und Einnahmen erreichen, die das Wirtschaftswachstum fördert.

Zur internationalen wirtschaftlichen Stabilität beitragen und die eigenen wirtschaftlichen Interessen besser vertreten kann das Eurogebiet nur, wenn es bei der internationalen geld- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit die ihm gebührende Rolle in vollem Umfang wahrnimmt. Eine stabile Präsidentschaft der Eurogruppe ist gewiss nützlich, um die einzelnen Positionen der Eurogruppenmitglieder zu koordinieren, doch muss die externe Vertretung der Eurogruppe auf der Grundlage des Wiener Abkommens vom 11./12. Dezember 1998 weiter verbessert werden, damit das Eurogebiet eine führende Rolle bei der Entwicklung des Weltwirtschaftssystems spielen kann.

Leitlinie 6. Verbesserung von Dynamik und Funktionieren der WWU — Die Mitgliedstaaten des Eurogebiets müssen eine bessere Koordinierung ihrer Wirtschafts- und Haushaltspolitik sicherstellen und insbesondere 1. darauf achten, dass ihre Staatsfinanzen im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt finanzpolitisch tragfähig sind; 2. zu einem Policy-Mix beitragen, der den wirtschaftlichen Aufschwung fördert und mit Preisstabilität vereinbar ist und somit das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher kurzfristig stärkt, aber auch mit einem langfristig nachhaltigen Wachstum vereinbar ist; 3. Strukturreformen vorantreiben, die das langfristige Wachstumspotenzial des Eurogebiets stärken und dessen Produktivität, dessen Wettbewerbsfähigkeit und dessen Fähigkeit zur wirtschaftlichen Anpassung bei asymmetrischen Schocks verbessern und dabei besonders der Beschäftigungspolitik Beachtung schenken; und 4. sicherstellen, dass der Einfluss des Eurogebiets im Weltwirtschaftssystem seinem wirtschaftlichen Gewicht entspricht.

ABSCHNITT B

MIKROÖKONOMISCHE REFORMEN ZUR STÄRKUNG DES WACHSTUMSPOTENZIALS EUROPAS

Strukturreformen sind unerlässlich für die Steigerung des Wachstumspotenzials der EU, denn sie erhöhen die Effizienz und Anpassungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Produktivitätszuwächse speisen sich aus Wettbewerbsinvestitionen und Innovation. Voraussetzung für die Steigerung des Wachstumspotenzials Europas sind Fortschritte bei der Arbeitsplatzschaffung und beim Produktivitätswachstum. Seit Mitte der 90er Jahre hat sich das Produktivitätswachstum in der EU erheblich verlangsamt. Zum Teil beruht diese Verlangsamung auf der zunehmenden Beschäftigung gering qualifizierter Personen. Diesen Trend umzukehren und sich im Wettbewerb zu behaupten, ist allerdings eine schwierige Aufgabe für die Union, insbesondere vor dem Hintergrund der Bevölkerungsalterung. Schätzungen zufolge wird allein die Bevölkerungsalterung das gegenwärtige potenzielle Wachstum nahezu halbieren. Zur Wahrung und künftigen Anhebung des Lebensstandards sowie zur Sicherung eines hohen Sozialschutzniveaus ist es somit unerlässlich, dass das Produktivitätswachstum beschleunigt und mehr Arbeitszeit geleistet wird.

B.1.   Wissen und Innovation — Motoren für ein nachhaltiges Wachstum

Wissensakkumulation durch Investitionen in FuE, Innovation und Bildung ist ein Motor langfristigen Wachstums. Ein Kernstück der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung sind dementsprechend Maßnahmen, die darauf abzielen, die Wissensinvestitionen anzuheben und die Innovationskapazität der EU-Wirtschaft zu stärken. Daher werden die nationalen und regionalen Programme im Einklang mit den Lissabonner Zielvorgaben mehr und mehr auf Investitionen in diesen Bereichen ausgerichtet.

Verstärkte und effizientere Investitionen in FuE im Hinblick auf die Schaffung des Europäischen Raums des Wissens

FuE sind auf verschiedene Weise wachstumswirksam: Sie tragen zur Schaffung neuer Märkte und Produktionsprozesse bei, sie ermöglichen die weitere Verbesserung bestehender Produkte und Produktionsprozesse und sie verbessern das Vermögen eines Landes, neue Technologien zu assimilieren.

Die EU gibt gegenwärtig lediglich rund 2 % des BIP für FuE aus (in den einzelnen Mitgliedstaaten reicht die Spanne allerdings von unter 0,5 % bis über 4 %) — ein Prozentsatz, der kaum höher ist als zum Zeitpunkt des Anlaufens der Lissabon-Strategie. Zudem werden nur etwa 55 % der Forschungsausgaben in der EU durch die Wirtschaft finanziert. Die geringen privaten Investitionen in FuE werden als eine wesentliche Ursache für die Innovationslücke zwischen den USA und der EU angesehen. Es bedarf rascherer Fortschritte bei der Verwirklichung der gemeinsamen EU-Zielvorgabe, die Forschungsinvestitionen auf 3 % des BIP anzuheben. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, über den Stand der Realisierung der FuE-Forschungsausgabenziele für 2008 und 2010 und über die Maßnahmen, mit denen sie dies im Rahmen ihrer nationalen Lissabon-Programme bewerkstelligen wollen, Bericht zu erstatten. Die Hauptherausforderung hierbei besteht darin, die Rahmenbedingungen, Mechanismen und Anreize zu schaffen, um die Unternehmen zu Forschungsinvestitionen zu veranlassen.

Die staatlichen Forschungsmittel sind effizienter einzusetzen und die staatliche Forschung ist wirkungsvoller mit dem privaten Sektor zu verknüpfen. Spitzenkompetenzzentren und -netze sollten ausgebaut werden, die öffentlichen Fördermaßnahmen zur Ankurbelung privater Innovation sollten insgesamt besser genutzt werden, die öffentlichen Investitionen sollten effizienter eingesetzt werden und es sollte für eine Modernisierung der Verwaltung von Forschungseinrichtungen und Universitäten gesorgt werden. Es gilt auch sicherzustellen, dass die Unternehmen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld agieren, denn Wettbewerb ist ein wichtiger Anreiz für private Innovationsinvestitionen. Außerdem muss konsequent daran gearbeitet werden, die Anzahl und die Qualifikation der in Europa tätigen Forschungstreibenden zu steigern, insbesondere dadurch, dass mehr Studenten für wissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Studien gewonnen, die Berufsaussichten sowie die transnationale und intersektorale Mobilität der Forscher gefördert und Hindernisse für die Mobilität von Forschern und Studenten abgebaut werden.

Die internationale Dimension von FuE sollte über eine gemeinsame Finanzierung, den Aufbau einer kritischeren Masse auf EU-Ebene in kritischen Bereichen, die umfangreichere Mittel erfordern, sowie durch den Abbau von Hindernissen für die Mobilität von Forschern und Studenten gestärkt werden.

Leitlinie 7. Verstärkte und effizientere Investitionen in FuE, insbesondere im Privatsektor — Das allgemeine Ziel eines Investitionsniveaus von 3 % des BIP im Jahr 2010 wird bestätigt und dabei Ausgewogenheit zwischen den privaten und öffentlichen Investitionen angestrebt. Auf nationaler Ebene soll jeweils ein spezifisches Zwischenniveau festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Maßnahmen-Paket zur Förderung von FuE-Investitionen, vor allem seitens der Wirtschaft, durch folgende Maßnahmen optimieren: 1. Verbesserung der Rahmenbedingungen und Gewährleistung, dass die Unternehmen in einem ausreichend wettbewerbsorientierten und attraktiven Umfeld agieren; 2. wirksamere und effizientere öffentliche FuE-Investitionen und Ausbau von ÖPP; 3. Ausbau und Stärkung von Spitzenkompetenzzentren der Bildungs- und Forschungseinrichtungen in den Mitgliedstaaten sowie gegebenenfalls Gründung neuer Zentren und verbesserte Zusammenarbeit und besserer Technologietransfer zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Privatunternehmen; 4. Ausbau und bessere Nutzung von Anreizen für private FuE; 5. Modernisierung der Verwaltung von Forschungseinrichtungen und Universitäten; 6. Gewährleistung eines ausreichenden Angebots an qualifizierten Forschern, indem mehr Studenten für wissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Studien gewonnen und die Berufsaussichten verbessert sowie die europäische, internationale und intersektorale Mobilität der Forscher und des Entwicklungspersonals gefördert werden.

Erleichterung von Innovation

Die Dynamik der europäischen Wirtschaft ist zu einem wesentlichen Teil von der Innovationskapazität abhängig. Daher sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Innovation zu schaffen. Dies bedingt gut funktionierende Finanz- und Produktmärkte sowie effiziente und erschwingliche Mittel zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Innovationen werden oft von neuen Unternehmen in den Markt eingebracht, die vielfach besondere Schwierigkeiten haben, Finanzmittel zu erhalten. Maßnahmen, die Gründung und Wachstum innovativer Unternehmen fördern, einschließlich des leichteren Zugangs zu Finanzmitteln, dürften deshalb die Innovation anregen. Die Technologieverbreitung und die Bemühungen zur besseren Verzahnung von Innovation und Bildung auf nationaler Ebene lassen sich durch Entwicklung von Innovationspolen und -netzen sowie durch eine besonders auf KMU zielende Innovationsunterstützung fördern. Als Hilfe für Länder und Regionen mit Entwicklungsrückstand bietet sich hierbei ein Wissenstransfer über Forschermobilität, ausländische Direktinvestitionen (FDI) und Technologieimport an.

Leitlinie 8. Förderung aller Formen der Innovation — Schwerpunkte für die Mitgliedstaaten sollten sein: 1. Verbesserung der Innovationsunterstützung, insbesondere für Technologieverbreitung und -transfer; 2. Schaffung und Ausbau von Innovationspolen und -netzen sowie Inkubatoren, die Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen auch auf regionaler und lokaler Ebene zusammenbringen, um so die Technologielücke zwischen Regionen zu überbrücken; 3. Förderung des Wissenstransfers, auch durch ausländische Direktinvestitionen; 4. Ausrichtung des öffentlichen Auftragswesens auf innovative Güter und Dienstleistungen; 5. Erleichterung des Zugangs zu in- und ausländischen Finanzmitteln; 6. effiziente und erschwingliche Mittel zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte.

Die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Einklang mit den Zielen und Aktionen der künftigen Initiative i2010 ist ferner eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Produktivität und somit auch des Wirtschaftswachstums. Der EU ist es nicht gelungen, das Potenzial der zunehmenden IKT-Produktion und -Nutzung in vollem Umfang auszuschöpfen. Ursachen sind nach wie vor unzureichende IKT-Investitionen, institutionelle Hindernisse und organisatorische Probleme bei der IKT-Integration. Technologische Innovation hängt letztlich davon ab, ob ein wachstumsförderndes wirtschaftliches Umfeld besteht. In diesem Zusammenhang ist die Nutzung einer intelligenten Logistik eine effiziente Maßnahme zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Produktionsstätten. Auch ist ein offener und wettbewerbsfähiger Markt für die elektronische Kommunikation in dieser Hinsicht von Bedeutung.

Leitlinie 9. Förderung der Verbreitung und effizienten Nutzung der IKT und Aufbau einer Informationsgesellschaft, an der alle teilhaben — Die Mitgliedstaaten sollten 1. die umfassende Nutzung von IKT im öffentlichen Dienst, in KMU und in den Haushalten fördern; 2. den erforderlichen Rahmen für die hiermit verbundene Änderung in der Arbeitsorganisation in der Wirtschaft festlegen; 3. eine starke Präsenz der europäischen Industrie in den Schlüsselbereichen der IKT fördern; 4. die Entwicklung eines starken IKT- und Inhaltebereichs sowie gut funktionierende Märkte fördern; 5. die Sicherheit von Netzwerken und Informationen sowie ihre Konvergenz und Interoperabilität sicherstellen, um einen Informationsraum ohne Grenzen zu schaffen; 6. die Entwicklung von Breitbanddiensten auch in schlecht angebundenen Regionen fördern, um die Wissensgesellschaft auszubauen. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern“ (Nr. 21).

Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis Europas

Die jüngste Verlangsamung des EU-Produktivitätswachstums ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass es der EU schwer fällt, ihre Wirtschaft auf die Anforderungen der neuen hochproduktiven Wachstumssektoren auszurichten.

Will Europa seine wirtschaftliche und technische Führungsposition konsolidieren, so muss es seine Kapazität zur Entwicklung und Vermarktung neuer Technologien, auch der IKT, stärken. Es ist das Synergiepotenzial zu analysieren und zu nutzen, das eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Forschungs-, im Regelungs- und im Finanzbereich bietet, in denen ein einzelner Mitgliedstaat aus Gründen der Größenordnung und der Wirkungskraft bei der Bewältigung eines Versagens des Marktes auf verlorenem Posten steht. Die EU hat es noch immer nicht geschafft, ihr volles technologisches Potenzial zu nutzen. Die Bündelung europäischer Spitzenkompetenzen, die Entwicklung öffentlich-privater Partnerschaften und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten — in Fällen, in denen der Nutzen für die Gesellschaft größer ist als für den privaten Sektor — werden helfen, dieses Potenzial auszuschöpfen.

Leitlinie 10. Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis Europas — Europa muss in seinem gesamten Gebiet über solide Industriestrukturen verfügen. Eine moderne und aktive Industriepolitik ist nach wie vor unverzichtbar und erfordert die Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis, auch durch Förderung attraktiver Rahmenbedingungen für Warenproduktion und Dienstleistungen, wobei darauf zu achten ist, dass sich die Maßnahmen auf nationaler, transnationaler und europäischer Ebene gegenseitig ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollten: 1. an erster Stelle den Mehrwert und Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit in wesentlichen Industriebereichen ermitteln und sich den Herausforderungen der Globalisierung stellen; 2. sich auch auf die Entwicklung neuer Technologien und Märkte konzentrieren. a) Dies bedeutet insbesondere, dass neue Technologie-Initiativen gefördert werden, und zwar auf der Grundlage öffentlich-privater Partnerschaften und einer Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, mit dem Ziel, ein echtes Versagen des Marktes zu korrigieren. b) Dies setzt auch die Schaffung und den Ausbau regionaler und lokaler Cluster in der gesamten EU unter stärkerer Beteiligung der KMU voraus. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden“ (Nr. 20).

Förderungeiner nachhaltigen Ressourcennutzung

Auf Dauer wird die Union auch nur dann erfolgreich sein, wenn sie eine Reihe von Ressourcen- und Umweltproblemen bewältigt, die andernfalls zur Wachstumsbremse würden. In diesem Kontext ist anzumerken, dass wegen der jüngsten Entwicklung und des voraussichtlich anhaltenden Aufwärtstrends der Ölpreise die Frage der Energieeffizienz an Bedeutung gewonnen hat. Maßnahmen für eine größere Energieeffizienz sind erforderlich, um Europa weniger anfällig für Ölpreisschwankungen zu machen. Weitere Verzögerungen bei Abhilfemaßnahmen würden die wirtschaftlichen Kosten entsprechender Aktionen noch stärker wachsen lassen. Beispielsweise gilt es, die Ressourcen rationeller einzusetzen. Maßnahmen in diesem Bereich sind auch wichtig, um gegen den Klimawandel anzugehen. In diesem Zusammenhang müssen die Mitgliedstaaten weitere Anstrengungen unternehmen, um die Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls zu erfüllen. Die Mitgliedstaaten sollten vor allem weiterhin gegen den Klimawandel angehen, um zu erreichen, dass die globale Erwärmung gegenüber den Temperaturen in der Zeit vor der Industrialisierung insgesamt nicht mehr als 2 °C beträgt, und dabei die Kyoto-Ziele kosteneffizient umsetzen. Die Mitgliedstaaten sollten aufgrund der Bedeutung der biologischen Vielfalt für bestimmte Wirtschaftsbereiche ihre Bemühungen um den Erhalt der biologischen Vielfalt vor allem durch die Eingliederung dieser Anforderung in andere Maßnahmen bis 2010 fortsetzen. Dabei ist die Nutzung marktorientierter Instrumente von entscheidender Bedeutung, damit die Preise das Ausmaß der Umweltschäden und der sozialen Kosten besser widerspiegeln. Die Förderung der Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Technologien und die Ökologisierung des öffentlichen Beschaffungswesens unter besonderer Berücksichtigung der KMU sowie die Beseitigung umweltschädlich wirkender Beihilfen können neben anderen politischen Maßnahmen die Innovationsleistung der betroffenen Sektoren verbessern und deren Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung stärken. EU-Unternehmen zählen zum Beispiel im Bereich der Entwicklung neuer Technologien für erneuerbare Energien zur Weltspitze. Vor allem in Anbetracht der kontinuierlich steigenden Energiepreise und der zunehmenden Bedrohungen durch den Klimawandel ist es unerlässlich, die Bemühungen um die Steigerung der Energieeffizienz als Beitrag zu Wachstum wie auch zu nachhaltiger Entwicklung voranzutreiben.

Leitlinie 11. Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung und Stärkung der Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum — Die Mitgliedstaaten sollten 1. prioritär hinarbeiten auf die Steigerung der Energieeffizienz und der Kraft-Wärme-Kopplung, die Entwicklung nachhaltiger — darunter auch erneuerbarer — Energien sowie die rasche Verbreitung umweltfreundlicher und ökoeffizienter Technologien a) innerhalb des Binnenmarkts insbesondere im Transport- und Verkehrsbereich, u. a. um die europäische Wirtschaft weniger anfällig für Ölpreisschwankungen zu machen, b) auf internationaler Ebene als Sektor mit erheblichem Exportpotenzial; 2. die Entwicklung von Mitteln zur Internalisierung externer Umweltkosten und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltschädigung fördern. Die Umsetzung dieser Prioritäten sollte mit den bestehenden Gemeinschaftsvorschriften in Einklang stehen und sich auf die im Aktionsplan „Umwelttechnologien“ (ETAP) vorgeschlagenen Maßnahmen und Mechanismen stützen, und zwar u. a. durch a) die Nutzung marktorientierter Instrumente, b) Risikofonds und FuE-Finanzierung, c) die Förderung nachhaltiger Produktions- und Verbrauchsmuster einschließlich der Ökologisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, d) die besondere Berücksichtigung der KMU und e) eine Reform der Beihilfen, die erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt haben und mit nachhaltiger Entwicklung nicht vereinbar sind, mit dem Ziel eines schrittweisen Abbaus dieser Beihilfen; 3. das Ziel verfolgen, in Anbetracht der Bedeutung der biologischen Vielfalt für bestimmte Wirtschaftszweige dem Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 Einhalt zu gebieten, und zwar insbesondere durch Einbeziehung dieser Belange in andere Politikbereiche; 4. weiterhin gegen den Klimawandel angehen und die Kyoto-Ziele kosteneffizient umsetzen, vor allem unter Berücksichtigung der KMU. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Eine effiziente, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Ressourcenallokation fördern“ (Nr. 3).

B.2.   Steigerung der Attraktivität Europas für Investoren und Arbeitskräfte

Die Anziehungskraft der Europäischen Union als Investitionsstandort ist unter anderem abhängig von der Größe und Offenheit ihrer Märkte, ihrem ordnungspolitischen Umfeld, der Qualität ihres Arbeitskräftepotenzials und ihrer Infrastruktur.

Ausbau und Vertiefung des Binnenmarktes

Während der Güterbinnenmarkt weitgehend vollendet ist, sind die Dienstleistungsmärkte rechtlich oder de facto noch fragmentiert und die Arbeitskräftemobilität in Europa ist weiterhin gering. Ein funktionierender Dienstleistungsbinnenmarkt ist jedoch Voraussetzung für Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, wobei allerdings das europäische Sozialmodell zu bewahren ist. Der Europäische Rat hat gefordert, dass im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses alle Anstrengungen unternommen werden, damit ein breiter Konsens für die Vollendung des Dienstleistungsbinnenmarkts herbeigeführt werden kann. Die Beseitigung der steuerlichen Hindernisse, die grenzüberschreitenden Tätigkeiten entgegenstehen, würde deutliche Effizienzgewinne mit sich bringen. Schließlich würde eine vollständige Integration der Finanzmärkte dank eines effizienteren Kapitaleinsatzes und besserer Finanzbedingungen für die Unternehmen einen Leistungs- und Beschäftigungszuwachs bewirken.

Trotz des unstrittigen potenziellen Nutzens eines europäischen Binnenmarkts ist die Umsetzungsquote bei den Binnenmarktrichtlinien nach wie vor enttäuschend niedrig. Außerdem werden Richtlinien häufig nicht ordnungsgemäß umgesetzt oder angewandt, was durch die hohe Zahl der von der Kommission eingeleiteten Verstoßverfahren belegt wird. Die Mitgliedstaaten müssen positiver miteinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, so dass in den Mitgliedstaaten der volle Nutzen der Binnenmarktvorschriften an die Bürger und die Wirtschaft weitergegeben wird. Zum Beispiel besteht bei den Verfahren im öffentlichen Beschaffungswesen noch erheblicher Spielraum für Verbesserungen. Diese könnten sich zum Beispiel in einer Zunahme der öffentlichen Ausschreibungen niederschlagen. Mehr öffentliche Ausschreibungen würden den Mitgliedstaaten zudem massive Einsparungen im Haushalt ermöglichen.

Leitlinie 12. Ausbau und Vertiefung des Binnenmarktes — Die Mitgliedstaaten sollten 1. die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien beschleunigen; 2. das Binnenmarktrecht konsequenter und besser durchsetzen; 3. noch bestehende Hindernisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten abbauen; 4. die EU-Regelungen für die öffentliche Auftragsvergabe effizient anwenden; 5. einen voll funktionsfähigen Dienstleistungsbinnenmarkt unter Wahrung des europäischen Sozialmodells fördern; 6. die Finanzmarktintegration durch eine konsequente und kohärente Umsetzung und Durchführung des Aktionsrahmens für Finanzdienstleistungen stärker vorantreiben. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht zu werden“ (Nr. 20).

Offene und wettbewerbsorientierte Gestaltung der Märkte innerhalb und außerhalb Europas

Die offene Weltwirtschaft bietet neue Chancen für die Förderung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Die Wettbewerbspolitik hat viel dazu beigetragen, gleiche Voraussetzungen für die Unternehmen in der EU zu schaffen, und sie kann auch eine wichtige Rolle bei der Optimierung des umfassenderen Marktregulierungsrahmens spielen und eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen bewirken. Eine noch stärkere Öffnung der europäischen Märkte für den Wettbewerb lässt sich durch einen generellen Abbau der staatlichen Beihilfen erreichen. Dies muss mit einer Umschichtung der verbleibenden staatlichen Beihilfen auf bestimmte horizontale Ziele einhergehen. Die Überarbeitung der Vorschriften über staatliche Beihilfen dürfte einen neuen Anstoß in diese Richtung geben.

Ein besonders wirksames Mittel für die Stärkung des Wettbewerbs sind Strukturreformen, die den Marktzugang erleichtern. Entsprechende Effekte werden insbesondere auf Märkten zu verzeichnen sein, die bisher durch wettbewerbsfeindliches Verhalten, das Bestehen von Monopolen, Überregulierung (so können Genehmigungen, Lizenzen, Mindestkapitalanforderungen, rechtliche Hindernisse, Öffnungszeiten, regulierte Preise usw. die Schaffung eines echten Wettbewerbsumfelds behindern) oder protektionistische Maßnahmen gegen den Wettbewerb abgeschottet waren.

Darüber hinaus dürften die bereits vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb (in den Bereichen Strom und Gas, Verkehr, Telekommunikation und Postdienste) eine generelle Preissenkung und größere Auswahlmöglichkeiten bewirken, gleichzeitig aber auch garantieren, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für alle Bürger bereitstehen. Die Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden sollten für Wettbewerb auf den liberalisierten Märkten Sorge tragen. Zugleich muss die angemessene Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu einem erschwinglichen Preis sichergestellt werden.

Die Öffnung nach außen für Handel und Investitionen, auch in einem multilateralen Kontext, durch Steigerung der Exporte wie auch der Importe ist ein wichtiger Impuls für Wachstum und Beschäftigung und kann so die Wirkung von Strukturreformen verstärken. Ein offenes, starkes System von Regeln für den Welthandel ist von grundlegender Bedeutung für die europäische Wirtschaft. Die erfolgreiche Umsetzung einer ambitionierten und ausgewogenen Vereinbarung im Rahmen der Doha-Runde sowie der Abschluss bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen dürften die Weltmärkte stärker für den Handel und für Investitionen öffnen und damit zur Steigerung des potenziellen Wachstums beitragen.

Leitlinie 13. Offene und wettbewerbsorientierte Gestaltung der Märkte innerhalb und außerhalb Europas und Nutzung der Vorteile der Globalisierung — Vorrangig sollten die Mitgliedstaaten folgende Maßnahmen treffen: 1. dem Wettbewerb entgegenstehende regulatorische und sonstige Hindernisse beseitigen; 2. die Wettbewerbspolitik konsequenter durchsetzen; 3. die Märkte und Rechtsvorschriften durch Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden selektiv überwachen, um Hindernisse für den Wettbewerb und den Marktzugang auszumachen und zu beseitigen; 4. wettbewerbsverzerrend wirkende staatliche Beihilfen abbauen; 5. im Einklang mit dem neuen Gemeinschaftsrahmen Beihilfen auf bestimmte horizontale Ziele wie Forschung, Innovation und Aufwertung von Humankapital sowie zur Behebung spezifischer Schwachstellen des Marktes umschichten; 6. die Öffnung nach außen auch in einem multilateralen Kontext fördern; 7. die bereits vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb in vollem Umfang umsetzen, um einen wirksamen Wettbewerb auf europaweit integrierten Märkten zu gewährleisten. Gleichzeitig ist die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu einem erschwinglichen Preis wichtig für eine wirtschaftsfähige und dynamische Wirtschaft.

Verbesserung der europäischen und nationalen Rechtsvorschriften

Marktregulierung ist unabdingbar, um ein Umfeld zu schaffen, in dem sich der Handel zu wettbewerbsfähigen Preisen frei entfalten kann. Sie dient auch dazu, ein Versagen des Marktes zu korrigieren und Marktteilnehmer zu schützen. Regulierungen können kumulativ jedoch erhebliche wirtschaftliche Kosten verursachen. Die Vorschriften müssen deshalb gut durchdacht und angemessen sein. Die Qualität des europäischen und nationalen Regelungsumfelds ist daher eine Sache gemeinsamer Verpflichtung und geteilter Verantwortung auf EU-Ebene wie auch auf Ebene der Mitgliedstaaten.

Bei der Ausarbeitung oder Überarbeitung von Gesetzen sollten die Mitgliedstaaten systematisch die Kosten und Nutzen ihrer Gesetzesinitiativen bewerten. Sie sollten die Qualität ihrer Regelungen — unter Wahrung ihrer Ziele — verbessern. Dazu gehört auch, dass sie die interessierten Kreise konsultieren. Bei dem Konzept der Kommission für eine bessere Rechtsetzung werden die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen neuer und überarbeiteter Rechtsvorschriften sorgfältig analysiert, um potenzielle Konflikte und Synergien zwischen unterschiedlichen politischen Zielen zu ermitteln. Zudem wird bei den bestehenden Rechtsvorschriften das Vereinfachungspotenzial ausgelotet und in seiner Auswirkung auf den Wettbewerb bewertet. Schließlich wird derzeit ein einheitliches Verfahren zur Ermittlung des mit neuen und bestehenden Rechtsvorschriften verbundenen Verwaltungsaufwands entwickelt. Die Mitgliedstaaten sollten Systeme für die Vereinfachung bestehender Rechtsvorschriften schaffen. Sie sollten Kosten und Nutzen ihrer Regulierungsinitiativen bzw. ihres Verzichts auf solche einer Konsultation auf breiter Basis unterziehen, insbesondere wenn Konflikte zwischen unterschiedlichen politischen Zielen entstehen können. Die Mitgliedstaaten sollten auch dafür sorgen, dass geeignete andere Lösungen als der Erlass von Rechtsvorschriften in vollem Maße berücksichtigt werden.

Signifikante Verbesserungen am Regulierungsumfeld sind demnach unter Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Erwägungen bei der Regulierung, einschließlich der Verwaltungskosten, realisierbar. Wichtig ist dies insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), denen es mit ihren begrenzten Ressourcen gewöhnlich schwer fällt, den mit dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht verbundenen Verwaltungsaufwand zu bestreiten.

Leitlinie 14. Wettbewerbsfreundlichere Gestaltung des Unternehmensumfelds und Förderung von Privatinitiativen durch Verbesserung des Regelungswerks — Die Mitgliedstaaten sollten 1. die Verwaltungslast für Unternehmen, vor allem für KMU und Unternehmensneugründungen, verringern; 2. die Qualität bestehender und neuer Rechtsvorschriften unter Wahrung ihrer Ziele durch eine systematische und rigorose Abschätzung ihrer wirtschaftlichen, sozialen (auch gesundheitlichen) und ökologischen Auswirkungen verbessern, und dies unter — verbesserter — Messung des mit einer Regelung verbundenen bürokratischen Aufwands und der Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit, auch bei der Durchsetzung; 3. die Unternehmen zur Entwicklung ihrer sozialen Verantwortung anregen.

Europa muss den unternehmerischen Initiativgeist stärker fördern und braucht mehr neue Unternehmen, die bereit sind, kreative oder innovative Konzepte umzusetzen. Die Vermittlung von unternehmerischem Denken und Handeln und entsprechender Qualifikationen sollte in allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gefördert werden. Die unternehmerische Dimension sollte schon in der Schule in den Prozess des lebenslangen Lernens aufgenommen werden. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, Partnerschaften mit Unternehmen einzugehen. Weitere Möglichkeiten, Unternehmensneugründungen und Unternehmenswachstum zu fördern, bestehen darin, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und die wirtschaftlichen Anreize zu verstärken, d. h. die Steuersysteme so zu gestalten, dass Leistung sich lohnt, die Lohnnebenkosten zu senken und die Verwaltungslast bei Unternehmensgründungen zu reduzieren, insbesondere durch die Bereitstellung von Unternehmensdienstleistungen, vor allem für Jungunternehmer, wie z. B. die Einrichtung zentraler Anlaufstellen und die Förderung nationaler Unterstützungsnetze für Unternehmen. Als weitere Schwerpunkte empfehlen sich die Erleichterung der Eigentumsübertragung, die Überarbeitung des Konkursrechts und die Verbesserung des Sanierungs- und Umstrukturierungsverfahrens.

Leitlinie 15. Förderung der unternehmerischen Kultur und KMU-freundlichere Gestaltung des Wirtschaftsumfelds — Die Mitgliedstaaten sollten 1. den Zugang zur Finanzierung verbessern, um Gründung und Ausbau von KMU insbesondere durch Kleinstkredite und sonstiges Risikokapital zu fördern; 2. die wirtschaftlichen Anreize verstärken, auch durch eine Vereinfachung der Steuersysteme und die Verringerung der Lohnnebenkosten; 3. das Innovationspotenzial der KMU stärken; 4. sinnvolle Unterstützungsdienstleistungen bereitstellen, wie z. B. die Einrichtung zentraler Anlaufstellen und die Förderung nationaler Unterstützungsnetze für Unternehmen, um im Einklang mit der KMU-Charta die Gründung und den Ausbau von KMU zu fördern. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Aus- und Weiterbildung in unternehmerischer Kompetenz für KMU verstärken. Sie sollten ferner die Eigentumsübertragung erleichtern, das Konkursrecht, soweit erforderlich, überarbeiten und die Sanierungs- und Umstrukturierungsverfahren verbessern. Siehe auch die Integrierten Leitlinien „Eine effiziente, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Ressourcenallokation fördern“ (Nr. 3) und „Alle Formen der Innovation fördern“ (Nr. 8), Nr. 23 und 24.

Ausbau und Verbesserung der europäischen Infrastruktur

Eine moderne Infrastruktur trägt erheblich zur Attraktivität von Standorten bei. Sie erleichtert die Mobilität von Personen, Gütern und Dienstleistungen in der gesamten Union. Eine moderne Infrastruktur für Verkehr, Energie und elektronische Kommunikation ist ein wichtiger Faktor einer mit neuer Schwungkraft versehenen Lissabon-Strategie. Durch Verminderung der Transportkosten und Erweiterung der Märkte fördern gut verknüpfte und interoperable transeuropäische Netze den internationalen Handel und die Binnenmarktdynamik. Die eingeleitete Liberalisierung der europäischen Netzindustrien begünstigt den Wettbewerb und bewirkt die Effizienzsteigerungen in diesen Sektoren.

Was künftige Investitionen in die europäische Infrastruktur angeht, so sollte 30 prioritären Verkehrsprojekten — von Parlament und Rat in den Leitlinien über Transeuropäische Netze (TEN) genannt — und der Durchführung grenzüberschreitender Quickstart-Projekte für Verkehr, erneuerbare Energien, Breitbandkommunikation und Forschung im Kontext der europäischen Wachstumsinitiative und der Durchführung der vom Kohäsionsfonds unterstützten Verkehrsprojekte Vorrang eingeräumt werden. Außerdem gilt es, Infrastrukturengpässe in einzelnen Ländern zu beseitigen. Eine angemessene Preisgestaltung für die Infrastrukturnutzung kann deren Effizienz steigern und zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern beitragen.

Leitlinie 16. Ausbau, Verbesserung und Vernetzung der europäischen Infrastrukturen sowie Vollendung der prioritären grenzüberschreitenden Projekte — Ziel ist vor allem eine stärkere Integration der nationalen Märkte in der erweiterten EU. Die Mitgliedstaaten sollten 1. als wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb durch Ergänzung der Gemeinschaftsmechanismen geeignete Voraussetzungen für eine ressourceneffiziente Verkehrs-, Energie- und IKT-Infrastruktur — prioritär der in den TEN-Netzen enthaltenen Infrastruktur — entwickeln, insbesondere in grenzüberschreitenden Abschnitten und Grenzregionen; 2. den Aufbau öffentlich-privater Partnerschaften erwägen; 3. angemessene Preisgestaltungssysteme für die Infrastruktur erwägen, um auf diese Weise eine effiziente Infrastrukturnutzung und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern zu gewährleisten, wobei sie den Schwerpunkt auf technologischen Wandel und Innovation legen und zugleich die Umweltkosten und die Auswirkungen auf das Wachstum gebührend berücksichtigen sollten. Siehe auch Integrierte Leitlinie „Verbreitung und effiziente Nutzung der IKT fördern und eine Informationsgesellschaft aufbauen, an der alle teilhaben“ (Nr. 9).

Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2005.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. BROWN


(1)  Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2005 (http://ue.eu.int/cms3_fo/showPage.asp?lang=de&id=432&mode=g&name).

(2)  Bei der Implementierung der oben genannten Leitlinien sollten die Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass die im Rahmen der Empfehlung des Rates vom 26. Juni 2003 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (Zeitraum 2003—2005) ausgesprochenen länderspezifischen Empfehlungen — ergänzt und aktualisiert durch die Empfehlung des Rates vom 5. Juli 2004 zur Aktualisierung 2004 dieser Leitlinien — weiterhin gültig bleiben.


Top