Sharing Economy - Teilen ist das neue Besitzen
Luisa Quirmbach und Denise Ossenberg über Sharing Economy

Sharing Economy - Teilen ist das neue Besitzen

Seit einigen Jahren gibt es tiefgreifende Veränderungen der Arbeitswelt. Nicht nur die Digitalisierung, auch neue, alternative Arbeitsmodelle finden mehr und mehr Anklang. Sie firmieren unter hippen Namen wie New Work, Agile, Decentral Autonomous Organization (DAO), Teal oder Purpose Economy. Aber was steckt dahinter, was ist das Besondere? Dazu gibt es hier eine Einordnung. Aber vor allem ist die Frage interessant: Wie fühlt sich das Arbeiten in einem solchen Modell an? Heute: Sharing Economy.

Was meinen wir mit Sharing Economy? Vielleicht hilft eine Abgrenzung, was es nicht ist: es geht weder um die klassische Miete von Wohnungen oder Autos, noch um die kostenfreie Abgabe von Wissen (wie Wikipedia) oder Software (wie Linux). Sondern darum, eher selten gebrauchte Gegenstände mit anderen zu teilen. Die Sharing Economy zielt darauf ab, Überkonsum zu reduzieren, indem sie den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen über das Teilen ermöglicht, statt jeden dazu zu ermutigen, eigene Exemplare zu besitzen. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und verringert die Menge an produzierten und ungenutzten Gütern, was einen kleineren ökologischen Fußabdruck zur Folge hat. Gleichzeitig fördert sie soziale Verantwortung, indem sie eine Gemeinschaftskultur aufbaut, in der das Teilen und gegenseitige Unterstützen zentrale Werte sind. So trägt die Sharing Economy nicht nur zum Umweltschutz bei, sondern stärkt auch das soziale Miteinander.

Die Notwendigkeit zum Teilen in einer Community resultiert aus globalen und individuellen Problemen: Auf globaler Ebene führt der steigende Verbrauch von Ressourcen zur Beschleunigung des Klimawandels. Um individuellen Zugang zu hochwertigen Gegenständen zu bekommen, muss man von einem produzierenden Unternehmen kaufen oder bei einer Verleihfirma ausleihen. Mit der zunehmenden Inflation können sich immer weniger Privatpersonen den Zugang zu diesen hochwertigen Gegenständen leisten. Das sorgt für eine ungleiche Verteilung von Ressourcen und Ungerechtigkeit in der Gesellschaft. Hier schaffen Sharing Modelle langfristig Brücken und Lösungen. 

Wer jetzt denkt: “Naja, die jungen Leute sollen sich mal ausprobieren, die werden schon sehen, dass das alles nicht so einfach ist”, der ist hier genau richtig. Denn diese Kolumne versteht sich als Impuls für kleine und große Unternehmen, sich ernsthaft mit Sharing Economy zu beschäftigen. Im Podcast “Kultur wandle Dich!” (Folge 40) schildern Denise Ossenberg und Luisa Quirmbach ihre Erfahrungen aus der Startup-Welt. Sie sind jeweils Mitgründerinnen von Startups, deren Geschäftsmodelle in der Sharing Economy stattfinden. Luisas Startup 2-share betreibt eine Plattform für innerbetriebliches Teilen zwischen Mitarbeitenden, während Denise mit ihrem Startup FiniBee Powerbanks an öffentlichen Orten verleiht. Hier wollen wir der Frage nachgehen: Wie fühlt es sich in der täglichen Praxis an? Was können größere Unternehmen aus diesen Erfahrungen lernen?

Gehen wir doch mal tägliche Herausforderungen durch und schauen, wie Dinge in der Sharing Economy funktionieren. Over to you, Denise (D) und Luisa (L).

#1 Innovationen hervorbringen

D: Die Sharing Economy, wie wir sie bei FiniBee umsetzen, repräsentiert Innovation nicht zwangsläufig durch die Erschaffung neuer Produkte, sondern durch das Umdenken der Nutzung existierender Gegenstände. Die Bereitstellung von z. B. Powerbanks in einem digital vernetzten Teilsystem ist ein Paradebeispiel dafür, wie etablierte Produkte durch Sharing Economy Modelle neu erfunden werden. Diese Modelle erweitern die Mobilität und Flexibilität der Nutzer und tragen zu einem bequemeren Lebensstil bei, indem sie alltägliche Herausforderungen adressieren,  wie z. B. einen leeren Smartphone-Akku unterwegs. Sharing Economy Modelle revolutionieren nicht nur die Nutzung vorhandener Produkte, sondern fördern auch eine Kultur der Nachhaltigkeit und des bewussten Konsums. Insgesamt schafft die Sharing Economy somit einen Mehrwert durch verbesserte Zugänglichkeit und Nutzbarkeit, was das Potenzial hat, unsere Lebensweise grundlegend zu verändern.

L: Leihen und Verleihen ist per se kein neues Geschäftsmodell, allerdings sind schon mehrere Unternehmen an ihm gescheitert. Um sich trotzdem am Markt langfristig zu halten und innovativ mit den Problemen umzugehen, gilt es, besonders nah am Nutzer zu arbeiten und dessen Erfahrung in den Vordergrund zu rücken. Wir haben Fainin als sichere Plattform zum vertrauenswürdigen Vermieten & Mieten entworfen. Bis zu 15.000 € versicherte Transaktionen, mit Personalausweis verifizierte Mieter:innen, ein intuitives User Interface, automatisierte Mietverträge und ein nicht manipulierbares Bewertungssystem gehören dazu. Zur clusterartigen Ausbreitung gibt es seit neuestem nun “Closed-Communities” für Universitäten, Institutionen & Unternehmen mit 2-share.de. Damit werden Nutzer:innen angesprochen, die in direktem Bezug zueinander stehen und deshalb eher bereit sind, Mietgeschäfte einzugehen. Wer in der Sharing Economy gründen will, muss oftmals Prozesse anders denken und sich von klassischen Konzepten lösen können.

#2 Entscheidungen agil treffen und umsetzen

D: Sharing Economy-Modelle fördern durch ihre Struktur und Kultur eine schnelle Anpassung an Marktbedürfnisse und Nutzerfeedback, was eng mit den Prinzipien der Agilität verknüpft ist. Agilität steht für schnelle, flexible Entscheidungsfindung und iterative Entwicklungen, genau das ermöglichen unsere Modelle. Bei FiniBee ermöglicht uns das direkte Feedback unserer Nutzer, zügig neue Sharing-Standorte zu erschließen und unseren Service kontinuierlich zu verbessern, was wiederum unsere Reaktionsfähigkeit und Kundenzufriedenheit erhöht.

L: Hier kann ich mich Denise anschließen, auch für uns bei fainin | 2-share geht es darum, agil und schnell auf Änderungen am Markt zu reagieren. Dadurch, dass fainin eine Peer to Peer Plattform ist, steuert der Endnutzer sowohl Angebot und Nachfrage, wobei wir sie bestmöglich unterstützen. Daher ist umso wichtiger, dass wir von Kundenseite schnell erreichbar sind und auf aufkommende Probleme eingehen können.

#3 Nachhaltig wirtschaften

D: Eines der Ziele der Sharing Economy besteht darin, den Überkonsum zu minimieren und Ressourcen zu schonen. Bei FiniBee haben wir erkannt, dass Endnutzer oft ungenutzte Powerbanks Zuhause haben – ein Symbol für Überkonsum und ineffiziente Ressourcennutzung. Unser Ansatz zielt darauf ab, diesen Zyklus zu durchbrechen, indem wir Powerbanks als geteilte Ressource anbieten, die nur dann genutzt werden, wenn sie wirklich benötigt werden. Diese Strategie ermöglicht es, die Produktion neuer Geräte zu reduzieren und den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Indem wir unseren Nutzern ermöglichen, auf eine geteilte Ressource zuzugreifen, fördern wir eine Kultur des bewussten Konsums und tragen zu einer nachhaltigeren Welt bei.

L: Mit einer sicheren Möglichkeit, selten genutzte Gegenstände mit Freunden und Fremden zu teilen, können fainins und 2-shares Nutzer ihren individuellen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit leisten. Der von Fainin ermöglichte kollaborative Konsum verlängert die Lebenszyklen von geteilten Dingen und unterstützt auf diese Weise nachhaltigen Konsum. Aus der direkten Interaktion zwischen den Teilnehmern resultieren neben der effizienten Ressourcenallokation auch verlängerte Produktlebenszyklen der geteilten Artikel. So werden Emissionen aus der Produktion begrenzt. Außerdem könnten die ökologischen und sozialen Missstände im Ausland reduziert werden. Denn durch die zunehmenden Importe von Rohstoffen und Gütern, tragen wir eine Mitverantwortung für die dortigen ökologischen und sozialen Folgen.

#4 Talente entwickeln

Die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden ist natürlich auch bei Unternehmen der Sharing Economy von hoher Bedeutung. Hier weist die Sharing Economy per se keine Besonderheit auf.

D: Ein Beispiel aus der Praxis bei FiniBee zeigt, wie in einem Unternehmen der Sharing Economy gearbeitet wird: Durch die Bereitstellung eines Netzwerks von Powerbank-Stationen sind wir kontinuierlich gefordert, logistische und technische Lösungen zu entwickeln, die sowohl nutzerfreundlich als auch effizient sind. Dies erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch ein tiefes Verständnis für Kundenbedürfnisse und Marktbedingungen. Die Arbeit fördert somit insbesondere technologische Kompetenzen, ein ausgeprägtes Problemlösungsvermögen, Kundenorientierung sowie kreatives und unternehmerisches Denken.

#5 Mitarbeitende fair beteiligen

Interessanterweise ist die Idee der Sharing Economy ja gerade, andere an der Nutzung von Produkten zu beteiligen. Insofern ist das Konzept von Beteiligung schon im Unternehmenskern umgesetzt. Aber wie werden Mitarbeitende an Entscheidungs- und Strategieprozessen beteiligt?

L: Bei Fainin | 2-share arbeiten wir als Remote-First- Team engagiert zusammen. Wir sind in ganz Deutschland verteilt und treffen uns ca. einmal im Monat für ein Teamtreffen. Alle im Team sind auch Verleiher auf unserer Sharing Platform und gestalten das Angebot aktiv mit. Wir arbeiten kollaborativ an neuen Ideen und haben den größten Erfolg im regelmäßigen Austausch miteinander. Das richtige Team ist essentiell für den Erfolg eines Startups und wir wollen daher alle fair beteiligen.

D: Auch wenn wir bei FiniBee aktuell ein kleines Team aus nur vier Mitarbeitenden sind, denken wir bereits darüber nach, wie wir unsere Mitarbeiter fair beteiligen und an unserem Wachstum teilhaben lassen können. Neben der Möglichkeit eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms (ESOP) bieten wir flexible Arbeitszeiten und Möglichkeiten für Remote-Arbeit, um eine ausgewogene Work-Life-Balance zu fördern und individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Die aktive Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse und die Entwicklung neuer Ideen unterstreicht unseren partizipativen Führungsstil und fördert das unternehmerische Denken.

Artikelinhalte

Die Autor:innen hoffen, dass in den obigen Beispielen für jede:n etwas dabei war, so dass es jetzt nur noch heißen kann: Wann fangen wir an zu teilen?

Anne Wermelskirchen

Freelancerin & Kreativkomplizin für Markenidentität | QUIDDJE KREATIVBUERO | Co-Founderin & CEO I PEOPLE PLACES PURPOSE | Wir verbinden Menschen, Orte und Projekte, die Sinn stiften & Zukunft gestalten

1 Jahr

Weg vom Eigentum hin zu Gemeineigentum das Leben wir auf dem Alsenhof eG #wirvomalsenhof dein Thema Heiko Kolz

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