Wissensspeicher Internet …  „ Web 2.0“ als globale Wissenswelt  und kollektiver Wissensvorrat“ Tina Guenther, Ringvorlesung  Internet Gesellschaft. Universität Münster. 12.12.07
Gliederung Was ist „Web 2.0“?  Was ist Prodnutzung? Der Wissensbegriff Wissenstypen im Netz:  Content,  Code,  Metadaten Bewerten und Verbessern von Content, Code  und Metadaten Wissen im Internet: Eigentum oder  öffentliches Kulturgut?? Fazit: Banal, trivial, redundant? Relevanz im Netz
1. Was ist Web 2.0? Technologie : Blogs, Wikiwebs, Podcasts, Videos,  Social Networking Sites, Bookmarking & Tagging,  AJAX, Folksonomy, CSS, Open APIs, Newsfeeds,  Usability, Mashups, Micro-Blogging  [z.B. Facebook; Twitter] Öffentlicher Raum:  An Demokratisierung,  freier Meinungsäußerung, offener Diskussion  und sozialer Partizipation orientierte Öffentlichkeit,  Sphäre der sozialen Bewegungen.
1. Was ist Web 2.0? Geschäftsmodell:  User generated content,  Provider-Modell, Nutzungsvertrag, Data Mining, Suchmaschinen & Werbemarkt (z.B. Swikis). Wissensarchiv:  Content, Code und Metadaten  sind großteils frei und offen zugänglich, und (fast) uneingeschränkt verfügbar, stets neu kombinierbar.
1. Was ist hier neu?  Kein diskreter Versionssprung, aber vier neue Merkmale: Prodnutzung  – Untrennbarkeit von Urheberschaft, Bewertung, Distribution und Verwendung von Inhalten – Informationen, Wissen und Wissensgüter (z.B. Software) Social Production  – kollaborative, heterarchische  non-proprietäre und nicht-marktliche Erzeugung von Content, Code und Metadaten durch aktive Nutzer.
1. Was ist hier neu?  Flexibilität  – Erzeugung neuer Web-Angebote  aus Content, Code und Metadaten aus diversen  Quellen. Rekombination vorhandener Information. Von Gatekeeping zu p2p-Bewertung   ex post  –  Prodnutzung neuer Inhalte jenseits von Organisationen und marktlichen Settings möglich (RSS, GPL usw.)
2. Was ist Prodnutzung? „ In the emerging social software, „Web 2.0“ environment,  the production of ideas takes place in a collaborative, participatory mode which breaks down the boundaries between producers and consumers and instead enables all participants to be users as much as producers of information and knowledge or what can be described as produsers. These produsers engage not in a traditional form of content production but are instead in involved in produsage: the continuous building and extending of existing content in the pursuit of further improvement. “  Bruns 2007, „The future is User-Led“, S. 1.
2. Was ist Prodnutzung?  Prodnutzer ist Hybrid aus Produzent und Nutzer: Ein Prodnutzer erzeugt, kommentiert, verbessert, erweitert, aktualisiert, empfiehlt oder kritisiert Informationen und Wissen(-sgüter) und trägt zu ihrer (globalen) Distribution bei. Produktion und Konsumption von Information, Wissen und verwandten Gütern sind untrennbar verknüpft.  Produsage Content Content
2. Was ist Prodnutzung?  Gemeinschaftsbasiert : Inhalte werden kollaborativ, heterarchisch & nicht-marktlich erzeugt und verbreitet (z.B. Empfehlung, Tausch).  Fluide Rollen : Rollen ergeben sich aus dem Prozess  der Prodnutzung. Ein und derselbe Nutzer kann Autor, Herausgeber, Kritiker, Administrator, Verbreiter und Nutzer zugleich sein. Unfertige Artefakte : Jeder Inhalt ist offen für Impulse und Verbesserungen durch die Prodnutzergemeinschaft. Kollektives Eigentum, individueller Verdienst : Informationen, Wissen und verwandte Güter sind Gemeingut. Sie sind frei zugänglich und uneingeschränkt nutzbar. Verdienste um ihre Produktion werden individuell zugerechnet (GPL, CC versus  ©) .
3. Wissensbegriff  Zeitdiagnose  „Wissensgesellschaft“ : Wissen ist Triebkraft wirtschaftlicher Entwicklung. Wissen ist Produktionsfaktor, aber auch Eigentum (Schutzrechte) und Ware (kann man handeln). Unternehmen fordern Kompetenzen (Wissen kombiniert mit Fähigkeit zu professionellem Handeln). Internet ist eine der Triebkräfte der Wissensgesellschaft.  Wissen als  Handlungskompetenz : Wissen ist mehr als  nur „verarbeitete“ oder „organisierte“ Information. Wissen als „Wissen von etwas“ oder „Kenntnis von etwas“ bleibt unbefriedigend. Wissen setzt Entdeckung und aktive Aneignung voraus. Wissen befähigt Akteure zum Handeln. Wissen ist unspezifisch (anwendungsoffen). Kompetenzen sind an Berufsrollen, Probleme, Aufgaben und Funktionen geknüpft (gerichtet).
3. Wissensbegriff  Lebensweltliches Wissen : Beruht auf Erfahrung,  Praxistauglichkeit, natürlicher Anschauung, ist gemeinsam geteilt, wird nicht hinterfragt; daher schwer mitteilbar. Routinen erleichtern Alltag: Fertigkeiten, Gebrauchswissen, Rezeptwissen.  Expertenwissen : Vom Alltag entfernte „Sinnprovinz“,  hoher Spezialisierungsgrad, theoretisch und methodisch fundiert.  Exklusivität durch Bindung an formale Qualifikation akademische Disziplinen, Zugehörigkeit zu Professionen. Institutionelle Einbettung in Professionen und akademische Disziplinen und Institutionen. Professionelles Wissen verweist auf professionelles Handeln, beansprucht daher einen Marktwert.
3. Wissensbegriff  Internet bietet neuen, eigentümlichen Wissens-Mix: Lebensweltliches Wissen  versus  Expertenwissen   Szenespezifische Kompetenzen  (z.B. Schreiben, Recherchieren, Editieren, Regie, Ton, Kamera & Schnitt, Software entwickeln) versus berufsrelevante Kompetenzen. Kompetenzaneignung und -transfer beim Prodnutzen!  Wissen mit dem Charakter  geistigen Eigentums  (kann auf Märkten gehandelt werden, ist mit Schutzrechten verknüpft) versus Wissen als  Kollektivgut .
4. Wissenstypen I  Content : Jede Art der wahrheits- oder falschheitsfähigen Aussage, jede teleologisch Aussage, jede normativ-moralische oder expressive Aussage, welche von Prodnutzern online publiziert wird. Formen: Text, Datensätze, Foto, Audio, Video usw. Code : Softwaretechnische Grundlagen, die die das Publizieren und Verknüpfen von Content aus verschiedenen Quellen ermöglichen. Weblogs, Wikis sowie die zu ihrer Bedienung erforderlichen Werkzeuge Browser und RSS-Reader basieren auf Algorithmen, die Programmabläufe abhängig von Systemzuständen oder Aktionen der Nutzer steuern.
4. Wissenstypen II Metadaten : Daten, die Informationen über andere Daten (v.a. Content) enthalten. Dazu gehören u.a. Bookmarks (Lesezeichen) und tags (Schlagworte), aber auch Link-Relationen (z.B. Strukturinformationen, Link-Relationen), Statistiken, Rankings.  Metadaten ermöglichen die individuelle und kollektive Wissensorganisation, (z.B. Sortieren, Empfehlen). Wissensorganisation im Zuge täglicher Nutzungspraxis  wird als „folksonomy“ bezeichnet.
4. Wissenstypen III Online-Angebot Code Content Metadaten Jedes Online-Angebot ist  die Kombination aus Content,  Code und Metadaten. Selbst  produziert oder aus diversen  Quellen kombiniert.
4. Wissenstypen IV Online-Angebot Code Content Metadaten API-Key API-Key „ Content is King.“  war gestern. Die  Maxime des neuen  Netz lautet  „Kontext is King.“. Passwort
5. Content, Code, Metadaten    Kritik Content :   Kognitiv-instrumentelle Aussagen : Wahrheitsgehalt und Wirksamkeit eines Content (z.B. „Das Foto lügt!“).  An Handlungen und Handlungsnormen kann  moralisch-praktische Kritik  geübt werden (z.B. Beschimpfungen).  Ästhetische Kritik  betrifft Angemessenheit  von Wertstandards, (z.B. „Alle sollten bloggen.“).  Expressive Aussagen können Gegenstand von  therapeutischer Kritik  sein. Ebenso sind sie der  Kritik im Hinblick auf  Wahrhaftigkeit  und  Authentizität  des Autors zugänglich.
5. Content, Code, Metadaten    Kritik Code : Code ist im Hinblick auf seine Wirksamkeit kritisierbar. „Reliabilität“ bezieht sich auf Zuverlässigkeit  & Stabilität einer Software. “Ökonomie“ bezieht sich auf Veränderbarkeit und Wiederverwertbarkeit einer Software für verschiedene Kontexte. „Ergonomie“ bezieht sich auf Wartungs- und Benutzerfreundlichkeit für technisch wenig versierte Nutzer. Schließlich ist Code im Hinblick auf seine „Akzeptanz“ durch potenzielle Nutzer kritisierbar. Code kann aber explizit ‚nutzerunfreundlich‘ sein  (z.B. Provider versus Nutzer); Funktionen können ‚überflüssig‘ oder ‚hinderlich‘ sein, Semantik des  Code kann unverständlich sein.
5. Content, Code, Metadaten    Kritik Metadaten : Metadaten sind nur kritisierbar, wenn sie Konturen des Selbstverständlichen weit verlassen werden und sie nicht mehr an gemeinsam geteilte Ordnungen und Relevanzstrukturen anknüpfen.  Kognitiv-instrumentelle Kritik: Ein Objekt (z.B. Webseite, Video, Buch, Ort) durch Metadaten wird falsch beschrieben. Moralisch-praktische Kritik: z.B. Person  benennt vollkommen Fremde in ‚SNS‘ als Freunde.  Evaluative Kritik: z.B. Nutzer bewertet alle Orte,  Bücher, Videos etc. mit der maximalen Punktzahl. Therapeutische Kritik: z.B. Widersprüchliche Markierungen und Bewertungen eines Objekts durch eine Person.
6. Wissen – Eigentum versus Kulturgut Wissen als Eigentum & Ware:  Eigentum impliziert Ausschließungs-, Verfügungs- und Schutzrechte für den Eigentümer. Rechteinhaber überträgt Wahrnehmung von Gewaltoptionen an Staat. Warencharakter eröffnet Möglichkeit des Handels von Wissen und verwandten Gütern (sowie Distributionsrechten) auf Märkten zu bestimmten Preisen.  Kollektivgut : Öffentliches, frei zugängliches Gut; keine Nutzungsbeschränkung. Daraus ergibt sich sein Wert. Als Kollektivgüter bereitgestellte Wissen und verwandte Güter bedürfen des Schutzes vor privater Aneignung.
6. Wissen – Eigentum versus Kulturgut GPL:  Orientiert sich am Kollektivgutmodell, dient dem Schutz des Wissens und der Wissensgüter vor privater Aneignung (Beispiel: Wikipedia, Open Source Software).  Creative Commons : Ausgangspunkt Urheberrecht. Im Interesse des Rechteinhabers werden Einschränkungen eingeführt. Öffentliche Aufführung und Distribution unter bestimmten Bedingungen: Namensnennung, kommerzielle Nutzung ausgeschlossen, ‚Share Alike‘  (Beispiel: CC, SC, CCMixter, CCLearn). Freier Zugang und minimale Nutzungsbeschränkungen machen Internet zum globalen Wissensspeicher und öffentlichen Kulturraum.
7. Banal, trivial  & redundant?  Junk- oder Bullshit-Content, ‚Klowände des Internet‘, fehlende Professionalität der Inhalte, ‚Inkompetenz‘ der Prodnutzer, so lauten häufig artikulierte Vorwürfe redaktioneller Beiträge an die Prodnutzer-Community. Andere Stimmen stellen Relevanz in Zweifel. Allerdings unterliegen Beiträge im Internet anderen Relevanzkriterien als Beiträge herkömmlicher Medien, die an massenhafter marktförmiger Verbreitung orientiert sind.
7. Banal, trivial  & redundant?  Relevanzkriterien, angeregt durch Schütz (1971):  Betroffenheit – was einen persönlich betrifft oder berührt  Nähe & Vertrautheit – das Unmittelbare aus dem Bereich  des Selbstverständlichen/Vertrauten  Thematische Relevanz – Themen, die einen interessieren  Interessenrelevanz – Vorhaben & Ziele, für die man eintritt Nicht-Trivial: Erzeugung und Neukombination von Content, Code und Metadaten zu neuen Medieninhalten und -genres, Aneignung von Medienkompetenzen, Wiederbelebung der Lese-Schreibkultur durch kompetente, kreative Nutzung.
Vielen Dank für  Ihre Aufmerksamkeit!   Dieser Inhalt ist  mit einer Creative  Commons Lizenz  nach deutschem  Recht geschützt.

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Münker, Stefan (2009): Emergenz digitaler Öffentlichkeiten. Die sozialen Medi...
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Wissensspeicher Internet.

  • 1. Wissensspeicher Internet … „ Web 2.0“ als globale Wissenswelt und kollektiver Wissensvorrat“ Tina Guenther, Ringvorlesung Internet Gesellschaft. Universität Münster. 12.12.07
  • 2. Gliederung Was ist „Web 2.0“? Was ist Prodnutzung? Der Wissensbegriff Wissenstypen im Netz: Content, Code, Metadaten Bewerten und Verbessern von Content, Code und Metadaten Wissen im Internet: Eigentum oder öffentliches Kulturgut?? Fazit: Banal, trivial, redundant? Relevanz im Netz
  • 3. 1. Was ist Web 2.0? Technologie : Blogs, Wikiwebs, Podcasts, Videos, Social Networking Sites, Bookmarking & Tagging, AJAX, Folksonomy, CSS, Open APIs, Newsfeeds, Usability, Mashups, Micro-Blogging [z.B. Facebook; Twitter] Öffentlicher Raum: An Demokratisierung, freier Meinungsäußerung, offener Diskussion und sozialer Partizipation orientierte Öffentlichkeit, Sphäre der sozialen Bewegungen.
  • 4. 1. Was ist Web 2.0? Geschäftsmodell: User generated content, Provider-Modell, Nutzungsvertrag, Data Mining, Suchmaschinen & Werbemarkt (z.B. Swikis). Wissensarchiv: Content, Code und Metadaten sind großteils frei und offen zugänglich, und (fast) uneingeschränkt verfügbar, stets neu kombinierbar.
  • 5. 1. Was ist hier neu? Kein diskreter Versionssprung, aber vier neue Merkmale: Prodnutzung – Untrennbarkeit von Urheberschaft, Bewertung, Distribution und Verwendung von Inhalten – Informationen, Wissen und Wissensgüter (z.B. Software) Social Production – kollaborative, heterarchische non-proprietäre und nicht-marktliche Erzeugung von Content, Code und Metadaten durch aktive Nutzer.
  • 6. 1. Was ist hier neu? Flexibilität – Erzeugung neuer Web-Angebote aus Content, Code und Metadaten aus diversen Quellen. Rekombination vorhandener Information. Von Gatekeeping zu p2p-Bewertung ex post – Prodnutzung neuer Inhalte jenseits von Organisationen und marktlichen Settings möglich (RSS, GPL usw.)
  • 7. 2. Was ist Prodnutzung? „ In the emerging social software, „Web 2.0“ environment, the production of ideas takes place in a collaborative, participatory mode which breaks down the boundaries between producers and consumers and instead enables all participants to be users as much as producers of information and knowledge or what can be described as produsers. These produsers engage not in a traditional form of content production but are instead in involved in produsage: the continuous building and extending of existing content in the pursuit of further improvement. “ Bruns 2007, „The future is User-Led“, S. 1.
  • 8. 2. Was ist Prodnutzung? Prodnutzer ist Hybrid aus Produzent und Nutzer: Ein Prodnutzer erzeugt, kommentiert, verbessert, erweitert, aktualisiert, empfiehlt oder kritisiert Informationen und Wissen(-sgüter) und trägt zu ihrer (globalen) Distribution bei. Produktion und Konsumption von Information, Wissen und verwandten Gütern sind untrennbar verknüpft. Produsage Content Content
  • 9. 2. Was ist Prodnutzung? Gemeinschaftsbasiert : Inhalte werden kollaborativ, heterarchisch & nicht-marktlich erzeugt und verbreitet (z.B. Empfehlung, Tausch). Fluide Rollen : Rollen ergeben sich aus dem Prozess der Prodnutzung. Ein und derselbe Nutzer kann Autor, Herausgeber, Kritiker, Administrator, Verbreiter und Nutzer zugleich sein. Unfertige Artefakte : Jeder Inhalt ist offen für Impulse und Verbesserungen durch die Prodnutzergemeinschaft. Kollektives Eigentum, individueller Verdienst : Informationen, Wissen und verwandte Güter sind Gemeingut. Sie sind frei zugänglich und uneingeschränkt nutzbar. Verdienste um ihre Produktion werden individuell zugerechnet (GPL, CC versus ©) .
  • 10. 3. Wissensbegriff Zeitdiagnose „Wissensgesellschaft“ : Wissen ist Triebkraft wirtschaftlicher Entwicklung. Wissen ist Produktionsfaktor, aber auch Eigentum (Schutzrechte) und Ware (kann man handeln). Unternehmen fordern Kompetenzen (Wissen kombiniert mit Fähigkeit zu professionellem Handeln). Internet ist eine der Triebkräfte der Wissensgesellschaft. Wissen als Handlungskompetenz : Wissen ist mehr als nur „verarbeitete“ oder „organisierte“ Information. Wissen als „Wissen von etwas“ oder „Kenntnis von etwas“ bleibt unbefriedigend. Wissen setzt Entdeckung und aktive Aneignung voraus. Wissen befähigt Akteure zum Handeln. Wissen ist unspezifisch (anwendungsoffen). Kompetenzen sind an Berufsrollen, Probleme, Aufgaben und Funktionen geknüpft (gerichtet).
  • 11. 3. Wissensbegriff Lebensweltliches Wissen : Beruht auf Erfahrung, Praxistauglichkeit, natürlicher Anschauung, ist gemeinsam geteilt, wird nicht hinterfragt; daher schwer mitteilbar. Routinen erleichtern Alltag: Fertigkeiten, Gebrauchswissen, Rezeptwissen. Expertenwissen : Vom Alltag entfernte „Sinnprovinz“, hoher Spezialisierungsgrad, theoretisch und methodisch fundiert. Exklusivität durch Bindung an formale Qualifikation akademische Disziplinen, Zugehörigkeit zu Professionen. Institutionelle Einbettung in Professionen und akademische Disziplinen und Institutionen. Professionelles Wissen verweist auf professionelles Handeln, beansprucht daher einen Marktwert.
  • 12. 3. Wissensbegriff Internet bietet neuen, eigentümlichen Wissens-Mix: Lebensweltliches Wissen versus Expertenwissen Szenespezifische Kompetenzen (z.B. Schreiben, Recherchieren, Editieren, Regie, Ton, Kamera & Schnitt, Software entwickeln) versus berufsrelevante Kompetenzen. Kompetenzaneignung und -transfer beim Prodnutzen! Wissen mit dem Charakter geistigen Eigentums (kann auf Märkten gehandelt werden, ist mit Schutzrechten verknüpft) versus Wissen als Kollektivgut .
  • 13. 4. Wissenstypen I Content : Jede Art der wahrheits- oder falschheitsfähigen Aussage, jede teleologisch Aussage, jede normativ-moralische oder expressive Aussage, welche von Prodnutzern online publiziert wird. Formen: Text, Datensätze, Foto, Audio, Video usw. Code : Softwaretechnische Grundlagen, die die das Publizieren und Verknüpfen von Content aus verschiedenen Quellen ermöglichen. Weblogs, Wikis sowie die zu ihrer Bedienung erforderlichen Werkzeuge Browser und RSS-Reader basieren auf Algorithmen, die Programmabläufe abhängig von Systemzuständen oder Aktionen der Nutzer steuern.
  • 14. 4. Wissenstypen II Metadaten : Daten, die Informationen über andere Daten (v.a. Content) enthalten. Dazu gehören u.a. Bookmarks (Lesezeichen) und tags (Schlagworte), aber auch Link-Relationen (z.B. Strukturinformationen, Link-Relationen), Statistiken, Rankings. Metadaten ermöglichen die individuelle und kollektive Wissensorganisation, (z.B. Sortieren, Empfehlen). Wissensorganisation im Zuge täglicher Nutzungspraxis wird als „folksonomy“ bezeichnet.
  • 15. 4. Wissenstypen III Online-Angebot Code Content Metadaten Jedes Online-Angebot ist die Kombination aus Content, Code und Metadaten. Selbst produziert oder aus diversen Quellen kombiniert.
  • 16. 4. Wissenstypen IV Online-Angebot Code Content Metadaten API-Key API-Key „ Content is King.“ war gestern. Die Maxime des neuen Netz lautet „Kontext is King.“. Passwort
  • 17. 5. Content, Code, Metadaten  Kritik Content : Kognitiv-instrumentelle Aussagen : Wahrheitsgehalt und Wirksamkeit eines Content (z.B. „Das Foto lügt!“). An Handlungen und Handlungsnormen kann moralisch-praktische Kritik geübt werden (z.B. Beschimpfungen). Ästhetische Kritik betrifft Angemessenheit von Wertstandards, (z.B. „Alle sollten bloggen.“). Expressive Aussagen können Gegenstand von therapeutischer Kritik sein. Ebenso sind sie der Kritik im Hinblick auf Wahrhaftigkeit und Authentizität des Autors zugänglich.
  • 18. 5. Content, Code, Metadaten  Kritik Code : Code ist im Hinblick auf seine Wirksamkeit kritisierbar. „Reliabilität“ bezieht sich auf Zuverlässigkeit & Stabilität einer Software. “Ökonomie“ bezieht sich auf Veränderbarkeit und Wiederverwertbarkeit einer Software für verschiedene Kontexte. „Ergonomie“ bezieht sich auf Wartungs- und Benutzerfreundlichkeit für technisch wenig versierte Nutzer. Schließlich ist Code im Hinblick auf seine „Akzeptanz“ durch potenzielle Nutzer kritisierbar. Code kann aber explizit ‚nutzerunfreundlich‘ sein (z.B. Provider versus Nutzer); Funktionen können ‚überflüssig‘ oder ‚hinderlich‘ sein, Semantik des Code kann unverständlich sein.
  • 19. 5. Content, Code, Metadaten  Kritik Metadaten : Metadaten sind nur kritisierbar, wenn sie Konturen des Selbstverständlichen weit verlassen werden und sie nicht mehr an gemeinsam geteilte Ordnungen und Relevanzstrukturen anknüpfen. Kognitiv-instrumentelle Kritik: Ein Objekt (z.B. Webseite, Video, Buch, Ort) durch Metadaten wird falsch beschrieben. Moralisch-praktische Kritik: z.B. Person benennt vollkommen Fremde in ‚SNS‘ als Freunde. Evaluative Kritik: z.B. Nutzer bewertet alle Orte, Bücher, Videos etc. mit der maximalen Punktzahl. Therapeutische Kritik: z.B. Widersprüchliche Markierungen und Bewertungen eines Objekts durch eine Person.
  • 20. 6. Wissen – Eigentum versus Kulturgut Wissen als Eigentum & Ware: Eigentum impliziert Ausschließungs-, Verfügungs- und Schutzrechte für den Eigentümer. Rechteinhaber überträgt Wahrnehmung von Gewaltoptionen an Staat. Warencharakter eröffnet Möglichkeit des Handels von Wissen und verwandten Gütern (sowie Distributionsrechten) auf Märkten zu bestimmten Preisen. Kollektivgut : Öffentliches, frei zugängliches Gut; keine Nutzungsbeschränkung. Daraus ergibt sich sein Wert. Als Kollektivgüter bereitgestellte Wissen und verwandte Güter bedürfen des Schutzes vor privater Aneignung.
  • 21. 6. Wissen – Eigentum versus Kulturgut GPL: Orientiert sich am Kollektivgutmodell, dient dem Schutz des Wissens und der Wissensgüter vor privater Aneignung (Beispiel: Wikipedia, Open Source Software). Creative Commons : Ausgangspunkt Urheberrecht. Im Interesse des Rechteinhabers werden Einschränkungen eingeführt. Öffentliche Aufführung und Distribution unter bestimmten Bedingungen: Namensnennung, kommerzielle Nutzung ausgeschlossen, ‚Share Alike‘ (Beispiel: CC, SC, CCMixter, CCLearn). Freier Zugang und minimale Nutzungsbeschränkungen machen Internet zum globalen Wissensspeicher und öffentlichen Kulturraum.
  • 22. 7. Banal, trivial & redundant? Junk- oder Bullshit-Content, ‚Klowände des Internet‘, fehlende Professionalität der Inhalte, ‚Inkompetenz‘ der Prodnutzer, so lauten häufig artikulierte Vorwürfe redaktioneller Beiträge an die Prodnutzer-Community. Andere Stimmen stellen Relevanz in Zweifel. Allerdings unterliegen Beiträge im Internet anderen Relevanzkriterien als Beiträge herkömmlicher Medien, die an massenhafter marktförmiger Verbreitung orientiert sind.
  • 23. 7. Banal, trivial & redundant? Relevanzkriterien, angeregt durch Schütz (1971): Betroffenheit – was einen persönlich betrifft oder berührt Nähe & Vertrautheit – das Unmittelbare aus dem Bereich des Selbstverständlichen/Vertrauten Thematische Relevanz – Themen, die einen interessieren Interessenrelevanz – Vorhaben & Ziele, für die man eintritt Nicht-Trivial: Erzeugung und Neukombination von Content, Code und Metadaten zu neuen Medieninhalten und -genres, Aneignung von Medienkompetenzen, Wiederbelebung der Lese-Schreibkultur durch kompetente, kreative Nutzung.
  • 24. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dieser Inhalt ist mit einer Creative Commons Lizenz nach deutschem Recht geschützt.